„Personalbemessung erneuern“

■ Dachverband der Krankenhausträger will Pflegenotstand verhindern

Das ist die apokalyptische Reiterin im Krankenhaus: die rollbeschuhte Krankenpflegerin saust über den langen Stationsflur, drückt mit links die Luft aus der Injektionskanüle bis die Flüssigkeit aus der Nadel spritzt, während sie mit der rechten kunstvoll eine Urinflasche an ihrem Kittel säubert. Aus der Karikatur kann in bundesdeutschen Krankenhäusern schon bald traurige Realität werden: „Pflegenotstand“ alamierte gestern die Bremer Krankenhausgesellschaft e.V. (HBKG) die Öffentlichkeit und schilderte die aktuelle Bremer Situation.

„Die Stellenpläne“ mokierte sich Günther Bialek als Vorsitzender der HBKG, „stammen aus dem Jahr 1969 und müssen dringend aktualisiert werden.“ Die Leistungen für die Patienten wä

ren entgegen der Stagnation der Stellen um knapp zwanzig Prozent gestiegen. Zwei Drittel der Betriebskosten im Krankenhaus seien zwar Personalkosten, jedoch wären die Stationen im Durchschnitt zwischen vier bis neun Prozent unterbesetzt. Am meisten mangelt es an Fachkräften für Intensivstationen, Psychatrie oder Narkose.

Trotz der hohen Ausbildungskapazität in den insgesamt 13 Bremer Krankenhäuser (820 plus 150 KinderpflegerInnenplätze) könne der notwendige Bedarf nicht mehr fachgerecht gedeckt werden. Das liege unter anderem auch an der hohen Fluktuation im Beruf des/der KrankenpflegerIn. Schichtarbeit, Überstunden, Wochenendarbeit und die hoffnungslose Überlastung vertreiben den Nachwuchs aus den Stationen

oder sorgen dafür, daß viele Auszubildende ihre Lehre abbrechen. Die jüngste tarifliche Erhöhung habe zwar zu einer erheblichen Anhebung des Einkommens geführt, jedoch sei die Arbeitsgestaltung immer noch nicht flexibel genug, um „sozial engagierten Menschen eine interessante berufliche Perspektive“ (HBKG-Geschäftsführer Holger Sorgartz) bieten zu können. Die Bremer Krankenhausgesellschaft schlägt deshalb die Teilzeitarbeit für pflegerische Berufe vor: Die 2,5 Tage-Woche biete sich beispielsweise für alleinerziehende Frauen an, die so wieder ins Berufsleben eingegliedert werden könnten. Immerhin sind von allen Beschäftigten im Pflegebereich 86 Prozent Frauen. In die gleiche Richtung weist auch ein Weiter-und Fortbildungsinstitut, das jetzt in Hamburg eröffnet hat. In Fortbildungskursen sollen hier Fachkräfte, die lange ohne Berufspraxis gewesen sind wieder auf den

neuesten technischen Stand gebracht werden. Die Modifizierung der Dienstpläne nach den Bedürfnissen der PflegerInnen und die Konzentration des ausgebildeten Personals auf die qualifizierten Arbeiten im Pflegebereich gehören ebenso auf die Vorschlagsliste der HBKG wie der Wunsch, daß Ärzte die pflegerische Kompetenz an das Fachpersonal deligieren sollen.

Die Aktualisierung der Personalbemessung, so die Bezirkssekretärin der ÖTV Weser Ems Marita Rosenow, sei keine Lösung für das Dilemma der insgesamt 3.760 Beschäftigten im Pflegedienst. „Pflege läßt sich nicht standardisieren“ meinte die Gewerkschafterin und zeichnet ein düsteres Bild im Kranken- und Altenpflegebereich: „Wenn das Personal zur Zeit nach tarif- und arbeitsrechtlichen Bedingungen arbeiten würde, ließe sich der Krankenhausbetrieb nicht mehr aufrecht erhalten.“ ma