Vertrödeln Bürokraten Chance für Aids-Kranke

■ Neues Wohnprojekt „ziK“ will Wohnungen für Aids-Kranke erwerben, die von Obdachlosigkeit bedroht sind / Anne Momper und Ellis Huber sind Kuratoriumsmitglieder / Wegen fehlender Stellungnahme von Gesundheitssenatorin Stahmer (SPD) ist Finanzierung gefährdet

An Gesundheitssenatorin Ingrid Stahmer scheitert womöglich ein neues Wohnprojekt für Aids-Kranke. Das Projekt, das in Kreuzberg, Neukölln und Wedding Häuser und Wohnungen für Aids-Patienten aller Betroffenengruppen erwerben will, wurde gestern von den „ziK„-Kuratoriumsmitgliedern Anne Momper und Ärztekammerpräsident Ellis Huber auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Gleichzeitig kritisierten Sprecher der an „ziK“ beteiligten Hilfsorganisationen (u.a. Berliner Aids-Hilfe und die Aids-Selbsthilfeorganisation HIV e.V.), daß die Finanzierung von „ziK“ wegen einer fehlenden Stellungnahme aus dem Hause Stahmer gefährdet sei. Wie Anne Momper und Huber sagten, soll das neuartige Wohnprojekt dazu beitragen, überflüssige Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und die in vielen Fällen drohende Obdachlosigkeit von Aids-Kranken zu verhindern. Nach Schätzungen der Gesundheitsverwaltung im Landestropeninstitut (LiTrop) seien zur Zeit 10 Prozent der Berliner Aids-Erkrankten obdachlos oder von Obdachlosigkeit bedroht. Es bestehe ein Bedarf von etwa 85 Wohnungen. In enger Zusammenarbeit mit Ärzten, Kliniken und Pflegeorganisationen sollten die Aids-Kranken - auch Fixer in Methadonprogrammen sind nicht ausgeschlossen - in Häusern zusammen mit nichtbetroffenen Mietern wohnen. Finanziert werden soll das Projekt mit 5 Millionen Mark aus Mitteln des Lottorats. Damit sollen zwei Häuser in Kreuzberg und im Wedding angekauft und weitere Wohnungen umgebaut werden.

Die Finanzierung ist jedoch wegen einer fehlenden fachlichen Stellungnahme aus dem Gesundheitssenat gefährdet. Beim Stiftungsrat, der morgen über die Mittelvergabe entscheiden soll, hätte die Senatsstellungnahme schon Ende Oktober vorliegen müssen. Der Vorsitzende des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Hans-Joachim Brauns, der den „ziK„-Antrag bereits seit Anfang Oktober zwischen Lotto -Stiftungsrat und Gesundheitssenat verhandelt, äußerte sich gestern besorgt. Ohne die völlig verspätete Stellungnahme aus dem Hause Stahmer werde der Stiftungsrat gar nicht oder nur sehr spät entscheiden können - möglicherweise zu spät für den Ankauf der beiden Häuser. Laut Brauns werden die jetzigen Besitzer der Häuser nur noch bis Ende der Woche „stillhalten“, denn seit der Öffnung der Grenzen steige der Wert der Immobilien ständig an, niemand könne die Besitzer bei fehlender Mittelgewährung hindern, anderweitig zu verkaufen. Trotz Briefen an Finanzsenator Meisner und Gesundheitssenatorin Stahmer sei die Stellungnahme aus der Gesundheitsbehörde bisher ausgeblieben. Brauns vermutet Trödelei wegen „Mehrfachzuständigkeiten“.

Wie gestern aus dem Landestropeninstitut, der Aids -Verwaltung der Gesundheitsbehörde, zu erfahren war, läge die „prinzipielle Befürwortung“ des LiTrop „bereits seit längerer Zeit vor“. Stahmer-Sprecherin Rita Hermanns sagte gestern gegenüber der taz, daß nun gestern endlich auch die Senatorin selbst ihr O.K. gegeben habe. Die Stellungnahme habe sich verzögert, weil außer dem LiTrop auch zwei weitere Abteilungen und die Finanzverwaltung damit befaßt worden seien.

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