Die Walter-Meckauer-Plakette

■ Ein Mussolini-Bedichter als Namenspatron für eine antifaschistische Auszeichnung

Seit 1983 wird alljährlich „an Personen und Institutionen“ eine WM-Medaille verliehen, „in Anerkennung des besonderen Engagements für die Werke verfolgter und vergessener Autoren“. In diesem Jahr, am 28.November, ist das Pen -Zentrum für deutschsprachige Autoren im Ausland (London) an der Reihe. Als Gastgeber ist das Heinrich-Heine-Institut in Düsseldorf geladen, als Begrüßungsredner der Kultusminister von Nordrhein-Westfalen vorgesehen. Die Medaille, eine Initiative von rührigen Verwandten Meckauers, soll die Erinnerung an die Verfolgung, aber natürlich auch den Namen des nach Italien emigrierten jüdischen Schriftstellers Meckauer hochhalten. Ob die Verleihung der Plakette wirklich eine Ehrung impliziert und ob Meckauer der richtige Name ist, mit dem sich das Exilarchiv in der „Deutschen Bibliothek“, das „Institut für Zeitgeschichte“, die New Yorker Zeitschrift 'Aufbau‘ u.a. auszeichnen lassen - daran sind starke Zweifel aufgekommen. Die erste Irritation kam 1986 mit einem Aufsatz in der Zeitschrift 'Exil‘, wo der Autor als Opportunist mit ausgeprägten Zügen von Duce -Gläubigkeit gezeichnet wird. In einer neuen Studie über das Exil in Italien wird die Sachlage noch deutlicher. Der Autor Klaus Voigt ist im zentralen Italienischen Staatsarchiv auf die staatliche Reaktion auf eine Ode an Mussolini gestoßen, die Meckauer im Sommer 1933 aus Ascona als Entree -Billet nach Rom geschickt hat, woraufhin ihm das italienische Konsulat in Locarno Mussolinis Dank übermittelte und seine Niederlassung in Italien begrüßte. Voigt fand im Staatsarchiv zudem das Manuskript seines Romans mit dem sprechenden Titel Roman erwacht, gewidmet „seiner Exzellenz Benito Mussolini, dem neuen Erwecker Roms... in verehrungsvoller Bewunderung und als Zeichen seines Danks für das genossene Glück eines langjährigen Aufenthalts im ewigen Kulturland der Menschheit“. Das Rom Mussolinis wird zu einer „Stadt des Willens“ oder zum „Herz des neuen Reiches“, und die Mütter sind, „wie das neue Vaterland sie braucht“. Voigt: „Die Verherrlichung des Faschismus wird nicht nur am Gesamtkonzept, der Anknüpfung an den Imperiumgedanken, deutlich, sondern auch an Einzelstellen, etwa wenn der Verfasser einen jungen Römer mit gläubigem Enthusiasmus über eine Rede Mussolinis vor der aufmarschierten Miliz berichten läßt.“ (Klaus Voigt: Zuflucht auf Widerruf - Exil in Italien 1933-1945, Bd. I, Stuttgart, Klett-Cotta, S. 431)

Damit nimmt Meckauer eine Sonderstellung unter jenen Autoren ein, die nach Italien emigriert waren: Kein anderer hat es ihm in dieser Huldigung Mussolionis gleichgetan. Was Meckauer zu diesem Kotau bewegt hat, ist schwer zu rekonstruieren, seine Lebensumstände liegen im dunkeln. Ob es nun blindwütiger Opportunismus war oder anderes - die Schlußfolgerung, daß die Verleihung einer Walter-Meckauer -Plakette an Exilforschungsinstitutionen obsolet geworden ist, scheint mir zwingend. Die Preisverleiher sehen das freilich nicht so. Hans Albert Walter, Exilforscher der ersten Stunde, der den Meckauer-Kreis auf die neuen Funde aufmerksam gemacht und um Stellungnahme gebeten hat, ist von den Angehörigen Meckauers als „neuerlicher Verfolger“ tituliert worden; in einem Statement des Meckauer-Kreises wurde von „Rufmord“ gesprochen und die Forderung nach strafrechtlicher Verfolgung Walters erhoben. Dem Hessischen Rundfunk zufolge fiel beim Exil-Pen in London gar das Wort von einer „Attacke mit antisemitischem Beigeschmack“. Die Meckauer-Plakette scheint in den Händen der Verleiher zur Keule geworden; sie wird geschwungen mit der Stimme der „unschuligen Verfolger“.

Michael Rohrwasser