Niederlage für Radjiv Gandhi

■ Erdrutschartige Niederlage für die Kongreßpartei bei den indischen Parlamentswahlen / Gandhi verlor die absolute Mehrheit / Opposition lehnt Koalitionsregierung mit dem Kongreß ab

Neu-Delhi (dpa/ap) - Der große Verlierer bei den indischen Parlamentswahlen ist Ministerpräsident Radjiv Gandhi. Nach Auszählung eines Großteils der Wahlbezirke war es gestern sicher, daß seine Kongreßpartei die absolute Mehrheit verloren hat. Völlig unklar war jedoch, wer in Neu-Delhi eine Koalitionsregierung bilden könnte. Alle Oppositionsgruppen schließen kategorisch aus, ein Bündnis mit der geschlagenen Kongreßpartei einzugehen.

Bei Redaktionsschluß lagen der zentralen Wahlkommission sichere Trends aus 448 der 522 auszuzählenden Wahlbezirke vor. Danach gewann der Kongreß bislang 183 Mandate, die vereinigte Mitte-Links-Opposition der Nationalen Front 107, die rechtsgerichtete Hindupartei BJP 77, die Kommunisten 32 und andere Gruppierungen zusammen 49 Sitze. Für die absolute Mehrheit sind 265 Mandate erforderlich.

In einer ersten Stellungnahme erklärte der Gandhi -Herausforderer der Nationalen Front, Vishwanath Pratap Singh, er wolle nicht für ein Regierungsamt kandidieren. Eine geeinte Opposition werde sicherlich genügend personelle Kapazität aufweisen, um eine Regierung zusammenzubringen.

Die Kongreßpartei war im dünner besiedelten Süden erfolgreich. Sie verlor vor allem in den Städten an Stimmen.

Die dreitägigen Parlamentswahlen waren die blutigsten in der Geschichte des unabhängigen Indiens. Die Polizei tötete am Sonntag einen unabhängigen Kandidaten im östlichen Bundesstaat Bihar, und im nördlichen Bundesstaat Uttar Pradesh erschossen Killer einen ehemaligen Mitarbeiter von Ministerpräsident Gandhi. Seit Beginn der Wahlen kamen in Indien 104 Menschen ums Leben.