Verbotene Träume?

■ Diskussionsveranstaltung über „Sexuelle Phantasien von Frauen - für Frauen“ bei belladonna

Wozu brauchen Frauen einen Dildo (künstlichen Penis)? Was haben männliche Symbole, oder gar Männer selbst, in einem erotischen Frauenfilm zu suchen? Darf man den Begriff Porno für Frauenfilme verwenden? An diesen Fragen entspann sich die Dis

kussion im Anschluß an zwei erotische Frauenfilme, die bei „belladonna“ in Anwesenheit der beiden Filmautorinnen Kerstin Scholz und Claudia Schillinger gezeigt wurden. Eingeladen hatte das Regionalbüro DIE GRÜNEN, vertreten durch Ulrike Locke.

Kerstin Scholz Film „Schatten, Hände, Scherben“ ist sinnlich, vorsichtig, verbirgt mehr als er zeigt. Eine Frau nähert sich zärtlich dem unwirtlichen Schotter, auf dem sie im Freien sitzt. Ihre Füße streicheln die Steine und Scherben, sie streckt sich auf ihnen aus und reibt ihren Körper an ihnen. Die Szene wird rhythmisch durch den Schatten einer Jongleurin und andere Traumbilder unterbrochen.

Claudia Schillingers Film ist eher provozierend und - wie sie selbst sagt - exhibitionistisch. Eine Frau in verschiedenen Situationen der Masturbation. Im Gras, auf dem Bett, auf der Toi

lette - Schnitt: ihre Phantasiebilder, schwarz-weiß.

Inhaltlich verschieden, arbeiten die beiden Frauen mit ähnlichen Mitteln: Rhythmus durch schnelle Schnitte, Wechsel von Schwarz-Weiß und Farbe, um Traum und „Wirklichkeit“ zu trennen, Bildausschnitte, die die Optik halbgeschlossener Augen vermitteln. Metallische Geräusche assoziieren Anspannung, vielleicht Gefahr.

In der anschließenden Diskussion taten sich Abgründe auf zwischen den Verfechterinnen einer Sexualität, die Männer und alle ihre symbolischen Repräsentanten ausschließt, und denjenigen, die ohne Vorbehalte herausfinden wollen, was ihnen Lust macht. Letzteres haben die beiden Filmautorinnen zu ihrer Maxime gemacht. Aber den Zuschauerinnen

gelingt nicht, was die Filmautorinnen sich wünschen: ohne Fragen nach dem Woher, ohne vorschnelle Bewertungen und Selbstzensur eigene Ideen und Bilder „offensiv“ zu verarbeiten und für sich in Anspruch zu nehmen.

Einig sind sich die Frauen, wogegen sie sich wenden: Gegen die von Männern definierte Sexualität, gegen die Rolle, die ihnen von Männern in deren realen oder filmischen Inszenierungen zugeteilt wird. Jetzt gilt es herauszufinden, was sie selbst anmacht. Und das kann so verschieden sein wie die Frauen selbst. Es ist noch ein langer Weg, bis Frauen das Medium Film unbelastet für den eigenen sexuellen Genuß in Anspruch nehmen können. Bis dahin müssen wir uns an den eigenen Phantasien ergötzen.

Beate Ramm