Deutsche Union - wie?

■ Wie eine Konföderation im einzelnen auszusehen hat, ist durch den Begriff allein nicht genau festzulegen

Föderation oder Konföderation - das scheint hier die Frage. Kanzler Helmut Kohl hat sie als „historische Erfahrungen aus der deutschen Geschichte“ wieder ins Gespräch gebracht. Sein Gedanke: eine gesamtdeutsche staatliche Organisation, in die sowohl die DDR als auch die BRD einbezogen sind. Wie die nun genau aussehen soll, weiß niemand genau. Bleibt man beim Begriff, so stellt die Konföderation die lockerere Form des Staatenbündnisses dar: Zwei oder mehrere souveräne Einzelstaaten schließen sich auf vertraglicher Grundlage zusammen, bleiben dabei aber selbständige Völkerrechtssubjekte, etwa mit eigenen diplomatischen Auslandsvertretungen oder auch mit eigenem Sitz in der UNO (Beispiel: die Ukraine). Zumindest formal bleibt dabei die Austrittsmöglichkeit für die Konföderationsmitglieder bestehen, ungeachtet dessen, daß sie allein aufgrund wirtschaftlicher Verflechtung rein völkerrechtliche Fiktion bleiben kann. Wie aber die Ausgestaltung einer solchen Konföderation im Detail aussieht - ob gemeinsame Verfasssung bzw. Staatsbürgerschaft oder nicht -, ist alles aushandelbar. In Senegambia beispielsweise, einer Konföderation der westafrikanischen Staaten Senegal und Gambia, sind die Bereiche Wirtschaft, Verteidigung, Finanzen, Kommunikation und Außenpolitik zusammengefaßt, ein gemeinsamer Ministerrat und eine Volksvertretung existieren.

Geschichtlich betrachtet waren derlei Bündnisse immer nur vorübergehender Natur: Der Deutsche Bund bestand von 1815 bis 1866, in der Schweiz und den USA lief die Entwicklung letztlich auf eine Föderation hinaus.

Bei der Föderation im Gegensatz zur Konföderation handelt es sich um einen Bundesstaat - wie die BRD etwa -, in dem die Mitglieder ihre Souveränität aufgeben und nur durch Zuweisung bestimmter Kompetenzen gestärkt werden, etwa Rechte in der Bildungspolitik. Sicher denkt Kohl eher an ein Quasi-Bundesland DDR, eingegliedert oder angeschlossen auf der Basis des hiesigen Grundgesetzes, das heißt nach dem Verfassungsauftrag - drüben so wie hier. Daß unter diesen Bedingungen die Union zweier deutscher Staaten mit unterschiedlichen Wirtschaftsordnungen und poltischen Systemen unmöglich wäre, liegt auf der Hand.

Thomas Worm