Chauvis und Arbeitsbienen

■ Kein Zuckerschlecken im männlich dominierten Hauptausschuß: Beim Geld bleiben die Männer unter sich

„Meint ihr denn nicht, daß auch Männer gute Arbeit für Frauen machen sollen? Und dieses Beharren auf Quote, das bringt doch nur Männer gegen euch auf. Ich zum Beispiel schreibe nur noch 'man‘.“ Genervt von diesem völlig unbelehrbaren Exemplar männlicher Ignoranz der Sorte „gesofteter Häkelpulli“ seufzen die Journalistinnen auf der Pressekonferenz der AL-Abgeordneten Lydia Hohenberger tief auf. Wie sich Frauen im von Männern dominierten Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses durchsetzen, war deren Thema. Kurz darauf läuft uns ein zweites Exemplar über den Weg, diesmal aus dem fraglichen Ausschuß, in der Ausführung groß, breitschultrig und bebärtet. „Na, habt ihr uns wieder als Chauvis schlechtgemacht?“, brüllt es.

Dabei kann man mit Männern zusammenarbeiten, man muß nur deren Geschäftsordnungstricks draufhaben, sagt Lydia Hohenberger. Der Hauptausschuß ist der wichtigeste Ausschuß im Abgeordnetenhaus, hier wird über alles entschieden, was Geld kostet. 16 Männer stehen drei Frauen gegenüber, wobei die beiden von CDU und SPD „wenig frauenpolitisches Bewußtsein haben“, sagt Lydia Hohenberger. Auch Journalistinnen sehe man da so gut wie nie. „Wenn man, wie ich, aus dem Frauenausschuß kommt und an inhaltliche, harmonische Diskussionen gewöhnt ist, dann erschrecken einen die männlich geprägten Strukturen“, sagt sie. Es herrsche ein rabiater Ton, man versuche sich gegenseitig in die Pfanne zu hauen und hacke auf dem Schwächsten herum. „Und das war am Anfang ich.“ Denn während die AL die Newcomerin entsandte, schicken die etablierten Parteien altgediente Fraktionshasen in den Hauptausschuß, die ein starkes Standbein in der Partei und Durchsetzungsvermögen gegenüber deren Fachsprechern haben, die natürlich ihre Ressorts gegen den Rotstift verteidigen.

„Aber inzwischen habe ich mich eingearbeitet“, sagt Lydia Hohenberger. So ist es ihr in der gestrigen Sitzung gelungen, einiges an Frauenförderung über Auflagenbeschlüsse zu bereits bestehenden Haushaltstiteln durchzusetzen. Zum Beispiel muß der Senat nun Meistergründungsdarlehen in dem Umfang an Frauen vergeben, wie es Meisterinnen im jeweiligen Beruf gibt. Auch im 501-Prgramm für junge Arbeitslose sollen Frauen zur Hälfte berücksichtigt werden. Die beim Land Berlin beschäftigten Putzkräfte - meist Frauen - sollen künftig nach Möglichkeit Vollzeit, auf alle Fälle aber sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Ein Teil der Hochschulsondermittel ist für Frauenforschung reserviert, KünstlerInnenstipendien sollen quotiert vergeben werden. „Der Buwitt von der CDU schrie da, das geht gegen die künstlerische Freiheit“, meint Lydia Hohenberger, „dem habe ich gesagt, ich gebe ihm noch drei Jahre, Frauenförderung endlich zu kapieren.“

Eva Schweitzer