Zaghafte Kritik am Kohl-Plan

■ Die SPD will Konföderation mit DDR nur zustimmen, wenn auch Polens Westgrenze endgültig anerkannt wird

Bonn (taz/dpa) - Kanzler Kohls große Koalition in der Deutschlandpolitik bröckelt schon wieder. In der Bundestagsdebatte vom Dienstag hatten alle Parteien mit Ausnahme der Grünen seinen 10-Punkte-Plan für konföderative Strukturen zwischen BRD und DDR und einen späteren Bundesstaat unterstützt. Jetzt will die SPD einem entsprechenden Entschließungsantrag nur dann zustimmen, wenn darin die Westgrenze Polens als unverrückbar bezeichnet wird. Außerdem will die SPD in der Erklärung ein Nein der Bundesrepublik zur Modernisierung der atomaren Kurzstreckenraketen festschreiben. Es mache keinen Sinn, eine Konföderation mit einem Staat anzustreben und gleichzeitig neue Waffen auf ihn zu richten.

Auf einer Sondersitzung von rund 30 linken SPD-Abgeordneten wurde gestern auch Unmut über den außenpolitischen Sprecher der Fraktion, Karsten Voigt, laut. Dessen Versicherung, man stimme konzeptionell mit Kohl überein, wurde als „unglücklich“ bezeichnet. Für die Sondersitzung der SPD -Fraktion am gestrigen Abend formulierte Norbert Gansel einen Antrag, der zwar von der „Wahrung aller Möglichkeiten“ spricht, aber auch das Selbstentscheidungsrecht der DDR -Bürger betont. Fortsetzung Seite 2

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In der DDR zeigten sich fast alle kritischer als Egon Krenz, der „über alles reden“ will, wenn man nur von der Existenz zweier Staaten ausgehe. Ibrahim Böhme von der SDP sagte, er sei derzeit nicht für einen schnellen Konföderationsvorschlag. Die DDR würde derzeit zur verlängerten Werkbank der Bundesrepublik.

Der Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche in Berlin, Günter Krusche, verlangte einen eigenständigen Weg der DDR. Eine schnelle Wiedervereinigung werde es nicht geben, „auch nicht nach Herrn Kohls Plan“. Rainer Eppelmann („Demokratischer Auf

bruch“) sprach von einem zu frühen Vorschlag Kohls.

gn/mr