„Gebrochener Honecker“

Rücktrittswelle verschlingt immer neue Opfer  ■  E R E I G N I S D D R

Wendehals: Auch Staatschef Krenz hat jetzt den Aufruf von Oppositionellen zur Eigenständigkeit der DDR unterschrieben. Unterzeichner waren unter anderen Stefan Heym und Christa Wolf. Der neue Entwurf für ein Reisegesetzes wird von DDR -Bürgern positiv aufgenommen. Verständnis zeigen sie auch dafür, daß der Paß dann entzogen werden kann, wenn jemand außerhalb der DDR schwarz arbeitet.

Die NDPD hat denZehn-Punkte-Katalog von Kanzler Kohl als Modell für eine Zusammenarbeit mit der BRD begrüßt. Eine Marktwirtschaft sei anzustreben, allerdings unter Beibehaltung der bisherigen Besitzstände für die DDR-Bürger. Dem Gedanken der Wiedervereinigung erteilte sie eine vorläufige Absage. Pech für Stasi-Mitarbeiter: Trotz der populären Losung „Stasi in die Volkswirtschaft“ müssen Arbeitssuchende immer wieder hören: „Wir stellen doch keine Schnüffler ein!“ Von den 130.000 Spitzeln sind über 7.000 zum Zoll versetzt worden.

Ex-Staatschef Erich Honecker ist nach Aussage seines langjährigen Sicherheitschefs „ein gebrochener Mensch“. „Es ist schwer für ihn, alles zu begreifen“. Der Geschaßte wird auf eigenen Wunsch aus der Prominentensiedlung Wandlitz ausziehen. Der Vorstand des Gewerkschaftsbundes FDGB tritt heute zu einer „entscheidenden Tagung“ zusammen. Präsidium und Sekretariat werden zurücktreten. Dem frühreren FDGB-Chef Tisch droht der Ausschluß. Die Rücktrittswelle hat auch den DDR-Kulturbund erfaßt: Das Präsidium gab auf. Gleichzeitig wurde ein außerordentlicher Bundeskongreß einberufen. Einstimmig hat der Präsidialrat die Rehabilitierung seiner ehemaligen Mitglieder Walter Janka, Robert Havemann und Ernst Bloch gefordert. „Die schonungslose Auseinandersetzung mit den Einflüssen des Stalinismus sowie eine neue Stufe antifaschistischer Wachsamkeit wurde gefordert. Regierungssprecher Meyer wieß „mit aller Entschiedenheit“ Äußerungen von REP-Chef Schönhuber zurück, dessen Truppe habe in der DDR mehrere Ortsverbände gegründet. Polen hat unterdessen die Maßnahmen zum Schutz des DDR-Binnenmarktes scharf verurteilt. Außenamtssprecher Staniszewski verlangte die Rücknahme der neuen Transit- und Einkaufsbestimmungen. Die Zeitung 'Zycie Warszawy‘ schrieb von offener Feindschaft. Im Bezirk Potsdam seien polnische Fahrzeuge zerstört worden. In Kottbus gäbe es Aufschriften „Polen raus“.wg.