„Gut, aber um viele Jahre zu spät“

■ Nach dem Karlsruher Urteil zum Asylrecht: Leise Hoffnungen bei Flüchtlingsgruppen in Berlin

Mit einer Mischung aus Überraschung und Erleichterung haben Berliner Beratungsstellen und Flüchtlingsorganisationen das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Sachen Asylrecht aufgenommen. „Positiv, aber um Jahre zu spät“, kommentierte ein tamilischer Mitarbeiter der Beratungsstelle Asyl e.V. die Nachricht aus Karlsruhe. Die Verfassungsrichter hatten vor wenigen Tagen den Verfassungsbeschwerden von drei tamilischen Flüchtlingen stattgegeben und damit teilweise die restriktive Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben (die taz berichtete).

Tamilische Flüchtlinge aus Sri Lanka können demnach durchaus den Status eines politisch Verfolgten beanspruchen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 1985 und 1986 zwar Pogrome und Verfolgung der tamilischen Minderheit eingeräumt, dies jedoch mit dem Bestreben des srilankischen Staates um nationale Einheit gerechtfertigt. Die Asylanträge der tamilischen Flüchtlinge waren aufgrund dieser Entscheidungen in der Regel zum Scheitern verurteilt.

Das Urteil wird, so hoffen MitarbeiterInnen von Beratungsstellen, auch für Flüchtlinge aus anderen Nationen positive Konsequenzen haben, da nunmehr zentrale Begründungen für die Ablehnung von Asylanträgen zurückgewiesen worden sind - zum Beispiel für Kurden aus der Türkei oder Eritreer aus Äthiopien. Ihre Asylanträge wurden zunehmend mit der Begründung abgelehnt, daß der Staat mit seinen Repressionen nur „separatistische Bestrebungen“ bekämpfen wolle.

Wenig Anlaß zum Jubeln haben allerdings diejenigen TamilInnen, deren Asylanträge aufgrund der bislang herrschenden Argumentation bereits rechtskräftig abgelehnt sind. „Die sind leer ausgegangen“, resümierte die Berliner Rechtsanwältin, Veronika Arendt-Rojahn, Vertreterin eines der Beschwerdeführer in Karlsruhe. Für diese Gruppe müsse nun eine humanitäre Regelung gefunden werden.

In Berlin mußten abgelehnte tamilische AsylbewerberInnen ebenso wie im Bundesgebiet jahrelang oft wöchentlich um eine Verlängerung ihrer „Duldung“ anstehen. Seit dem 20.Juni 1989 haben sie laut Flüchtlingsweisung des Innensenators eigentlich Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Viele Tamilen, die in diesem Glauben, ihren Antrag auf Asyl zurückgezogen haben, hängen jedoch - wie zahlreiche andere Flüchtlinge - seit Monaten buchstäblich in der Luft, weil immer noch völlige Unklarheit über Inhalt und Verbindlichkeit dieser Weisung herrscht. Daß das Bundesverfassungsgericht nun ihre Chancen auf Anerkennung als politisch Verfolgte wieder ganz anders einschätzt, muß ihnen wie blanker Hohn erscheinen.

anb