Stilbruch im Frankfurter Römer

■ Ein neuer Oberbürgermeister, ein neuer Stil, ein neuer Volker Hauff

Der Mann ist nicht wiederzuerkennen. Der große, dickliche Schwabe mit der Körpersprache eines Tanzbärs, der sich im Herbst 1988 zum Wahlkampf in der Mainmetropole anschickte, trug jene tristen dunkelblauen Anzüge, die gemeinhin Chauffeure verunstalten. Der Volker Hauff, der zum Interview die Treppe im Römer herauffedert, ist um etliches schlanker geworden. Der schwarze Anzug mit hauchdünnem Nadelstreifen ist modisch und locker geschnitten. Slipper an den Füßen, geschmackssicher eben keine weißen Socken. Zum grünweißgestreiften Hemd trägt der Oberbürgermeister eine ebenso ausgefallene wie symbolträchtige Krawatte: leuchtendes Hellgrün, dekoriert mit quittengelben Zitronenscheiben.

Hauff, der Hobbykoch schwäbischer Spezialitäten, hat abgespeckt. Die dichten grauen Haare, vormals eher nichtssagend aschblond, stehen ihm kräftig und kampfeslustig über der Stirn. Möglicherweise war er dem äußeren Bild eines dynamischen Managers, der er als Ex-IBM-Mann auch hätte werden können, nie so nahe.

Auch sein Büro hat Pfiff bekommen. Der unter Christdemokrat Wolfram Brück noch spießige, dunkle Raum ist groß und hell geworden. Die protzigen Ledersofas sind verschwunden, das helle Intarsienparkett vom dicken Teppichboden befreit. Chromblitzende schwarz-sachliche Büromöbel, Halogenlampen. Ein kritischer Blick auf den schwarzen Konferenztisch: „Da stimmen die Proportionen noch nicht ganz!“ Zwei Gegenstände fallen besonders auf, einer davon ein deutlicher Stilbruch: das Plüschtier. Der Pinguin mit der rotgrünen Mütze saß als mahnendes Maskottchen auf Seiten der Grünen am Koalitionsverhandlungstisch im Holiday Inn. Jetzt sitzt er Volker Hauff im Rücken. Der andere steht auf der Fensterbank: eine kleine Nachbildung der Bronzemonumente Bär und Stier vor der Frankfurter Börse, die dort mächtig das Auf und Ab des Finanzkapitals symbolisieren sollen.

Es scheint, Volker Hauff ist dünnhäutiger geworden. Die tapsig-freundliche, nichtssagende Unverbindlichkeit, auch der Hang zum Technokraten ist ihm nicht mehr anzumerken. Dafür ist er empfindlich geworden, auch gegen Kritik. Sein Konzept einer Politik des Dialogs mit den BürgerInnen der Stadt scheint ihm nachgerade sakrosankt. Daß die rotgrüne Politik sich dabei verwäscht, ihre Konturen verliert, nimmt er in Kauf.

Die hohe Erwartungshaltung der Bevölkerung bedrückt ihn eher. Er weiß, daß er die kleinen Erfolge auch deshalb schlecht verkaufen kann, weil die großen auf sich warten lassen. Das liegt wohl auch am Dissens zwischen Rot und Grün bei der Verkehrspolitik. Dem - noch immer - zugereisten Oberbürgermeister machen jedoch nicht nur die unterschwelligen Kontroversen mit dem Koalitionspartner zu schaffen. Aus Rathauskreisen ist bekannt, daß er und seine DezernentInnen sich auch nur schwer gegen die unter CDU -Ägide gewachsene Verwaltung durchsetzen können. Da wird gemauert. Noch schlimmer aber mag für den Sozialdemokraten sein, daß seine eigene Partei durchaus auch ihre Betonköpfe hat, die den Mann aus Schwaben einfach auflaufen lassen. Wo bleibt da Volker Hauff als Person, als in allen Konflikten präsenter Oberbürgermeister? Den Chef mag er nicht spielen, sagt Volker Hauff, aber „die Öffentlichkeitsarbeit könnte schon besser werden“.

Heide Platen