piwik no script img

USA Gewinner des Putsches auf Philippinen

Sechster Coup d'Etat seit der Amtsübernahme von Corazon Aquino scheiterte nur durch Eingreifen von US-Kampfflugzeugen / Fortbestand der umstrittenen Militärbasen dürfte damit gesichert sein / Ob allerdings auch die Zukunft der Präsidentin, ist ungewiß  ■  Aus Manila Gebhard Körte

Erleichtert atmen die Menschen in Manila auf, denn nach drei quälend langen Tagen ist der bislang gefährlichste Putschversuch rechtsextremer Offiziere gegen die Aquino -Administration gestern abend zu Ende gegangen. Nur noch „Aufräumoperationen“ seien nötig, wird von der Militärführung versichert.

Die bewaffneten Auseinandersetzungen um die Macht wurden mit zuvor unbekannter Heftigkeit geführt. Selbst am gestrigen Morgen hatte sich noch kein Ende der auf die Hauptstadt konzentrierten Kämpfe abgezeichnet. Regierungsloyale Einheiten und die im wesentlichen aus Elitesoldaten bestehenden Putschtruppen lieferten sich seit drei Uhr früh unter Einsatz von Panzern, Mörsern und Haubitzen Gefechte um die Kontrolle von Camp Aguinaldo im Stadtteil Quezon City. In der Kaserne sind sowohl das Verteidigungsministerium als auch das Oberkommando der Streitkräfte untergebracht. Scharmützel wurden ferner aus dem Bezirk Makati berichtet.

In dem Finanz- und Geschäftszentrum der Metropole hatten sich revoltierende Einheiten am Samstag in Luxushotels, Kaufhäusern und Wohntürmen verschanzt. Bis gestern wurden vom Roten Kreuz 52 Tote und nahezu 200 Verwundete gezählt, darunter viele Zivilisten. Tausende von Menschen waren aus den Kampfzonen evakuiert worden. Rundfunkanstalten riefen zu Blutspenden auf.

Das öffentliche Leben war seit Freitag nahezu paralysiert. Der Schulunterricht wurde eingestellt, Betriebe, Büros und die großen Einkaufszentren geschlossen. Ununterbrochene „Kriegsberichterstattung“ im Radio und über der Stadt kreisende Kampfflugzeuge kennzeichneten die Lage. Der sechste Coup d'Etat seit der Amtsübernahme durch Corazon Aquino im Februar 1986 hatte bereits am Mittwoch mit der Zerstörung einer Relaisstation der Streitkräfte begonnen. Doch erst 24 Stunden später gab der Generalstab bekannt, die Sabotage sei Teil eines Komplotts mit dem Ziel, Präsidentin Aquino zu stürzen.

Am Freitag morgen um vier Uhr hatten die Militärrebellen in koordinierten Aktionen Einrichtungen in Manila, die Hauptquartiere der Armee und der Luftwaffe, die beiden Zivilflughäfen und zwei Rundfunksender ganz oder teilweise in ihre Gewalt gebracht. Um 6.30 Uhr flogen dann Propellerflugzeuge der Luftwaffe, gesteuert von Rebellenpiloten, zielstrebig den Präsidentenpalast an. Minuten später waren dumpfe Explosionen vom Präsidentenpalast Malacanang zu hören. Weitere Luftangriffe im Laufe des Vormittags galten den militärischen Kommandozentralen, wo erhebliche Schäden angerichtet wurden.

Da loyale Piloten sich zunächst weigerten, die drückende Luftüberlegenheit der Putschisten zu brechen, hatte sich Frau Aquino auf Drängen von Verteidigungsminister Ramos entschlossen, die USA um Hilfe zu ersuchen. Bombenangriffe zerstörten wenig später die Maschinen der Rebellen auf der Luftwaffenbasis Sangley Point südwestlich der Hauptstadt. Es galt als sicher, daß amerikanische Phantoms den möglicherweise entscheidenden Angriff ausgeführt haben. US -Botschafter Platt stritt dies am Samstag morgen entschieden ab. Philippinische Offizielle konterkarierten ihre Präsidentin, die am Vortag wörtlich gesagt hatte: „US -Jagdflugzeuge haben sich dem Kampf angeschlossen“, mit der Bemerkung, sie hätten nur pyschologische Deckung gegeben.

Die in ihrem Machtzugriff erneut gescheiterten Putschisten, die am Samstag voreilig ihren Sieg verkündeten und eine Junta aus drei Offizieren und vier ungenannten Zivilisten gebildet hatten, scheinen die Bereitschaft der USA, in den internen Konflikt zugunsten der immer unpopuläreren Präsidentin zu intervenieren, unterschätzt zu haben.

Frau Aquino, die nach allzu milder Behandlung rebellierender Militärs in den vergangen drei Jahren nun harte Sanktionen gegen die verantwortlichen Offiziere und zivilen Kollaborateure angedroht hatte, wird ihre entschlossenen Worte voraussichtlich nicht in die Tat umsetzen können. Die notorischen Renegaten wie Oberstleutnant Honasan und die Brigadegeneräle Zumel und Abenina wurden nicht gefaßt. Als Gewinner der Ereignisse dürfen sich nur die USA fühlen, deren Hilfestellung den Fortbestand ihrer Stützpunkte über 1991 hinaus endgültig garantieren wird. Auch Verteidigungsminister Ramos, dessen Popularität und Präsidentschaftsambitionen nach der erneuten Rettung der Aquino-Regierung gewaltigen Auftrieb erhalten haben dürften, ist Sieger der Auseinandersetzungen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen