Herrhausen-Schutz war löcherig

■ Drei Mitglieder der RAF sollen am Attentat beteiligt gewesen sein / Streit um Sicherheitsvorkehrungen / Kommunikation zwischen Kommandos und Inhaftierten gestört?

Berlin (ap/dpa/taz) - Bei dem Anschlag auf den Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, sollen mindestens drei Mitglieder der „Roten Armee-Fraktion“ (RAF) beteiligt gewesen sein. Das erklärte gestern die Generalbundesanwaltschaft (BAW) in Karlsruhe. Aus der Bevölkerung seien bis gestern rund 700 Hinweise eingegangen.

BAW-Sprecher Förster erklärte gestern, die Sicherheitsbehörden hätten Anhaltspunkte, daß der Anmieter des Fluchtfahrzeugs und die beiden in Jogginghosen am Tatort beobachteten Terroristen nicht identisch seien. Der mit Phantombild gesuchte Mann, der sich bei der Anmietung des in Frankfurt sichergestellten weißen Lancia als „Albert Schöberl“ ausgegeben hatte, sei also als dritter an der Tat beteiligt gewesen. Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt bezeichneten Meldungen, wonach neben dem mutmaßlichen RAF -Mitglied Christoph Eduard Seidler der steckbrieflich gesuchte Horst Ludwig Meyer als zweiter Täter verdächtigt werde, als „Vermutungen“.

Über Fehler beim Personenschutz und Pannen bei der Fahndung ist am Wochenende eine heftige Debatte entbrannt. SPD -Innenexperte Willfried Penner sagte, der Innenausschuß des Bundestages werde die Pannen durchleuchten. Offenbar hätten Unbefugte gleich zweimal in der Nähe der Wohnung einer besonders gefährdeten Person seelenruhig Zündkabel im Asphalt verlegen können, ohne von der hessischen Landespolizei entdeckt zu werden. Wie die 'Kölnische Rundschau‘ berichtete, waren nach einem Erlaß des hessischen Innenministeriums „eigens Beamte im Rahmen des Sicherheitskonzepts 'K 106‘ eingesetzt, um täglich das Umfeld Herrhausens in Bad Homburg und die Fahrtstrecke“ zu observieren.

Vorwürfe gegen die Leibwächter Herrhausens erhob auch der ehemalige Präsident des Verfassungsschutzes Richard Meier. Durch eine Begehung der näheren Umgebung des Wohnhauses hätte man eine halbe Stunde vor der Abfahrt mit geübtem Auge sehen können, daß zwei junge Männer in Joggingkleidung mit einem Hörgerät im Ohr, also in Sprechverbindung zueinander, an einem Fahrrad hantierten. Das Bundeskriminalamt (BKA) räumte Fehler ein. Sprecher Willi Fundermann erklärte, seine Behörde überprüfe, wie nach allen Anschlägen, jetzt noch einmal die Sicherheitsmaßnahmen.

Nach Auffassung von Josef Horchem, früher Leiter des Hamburger VS, geschah der Anschlag auf Herrhausen ohne Abstimmung mit den RAF-Gefangenen. Zwischen der „Kommando -Ebene“ und den über 30 Inhaftierten gebe es „erhebliche Kommunikations- und Kooperationsschwierigkeiten“.

wg