Jetzt kommt die Ost-West-'HörZu‘

■ Springer-Verlag und Gruner&Jahr bestätigen Sondierungsgespräche über Zeitschriftenbeteiligung in der DDR / „Gegenseitige Form der Unterstützung ausloten“

Der Verlag, für den die DDR bis vor wenigen Monaten eigentlich gar nicht existierte, setzt zum Sprung über die löchrig gewordene Mauer an: Heiner Bremer, Sprecher des Springer-Konzerns, bestätigte gestern „erste Sondierungsgespräche“ mit dem in der Hauptstadt der DDR ansässigen 'Berliner Verlag‘. Bremer erklärte gegenüber der taz, daß es bei den Gesprächen darum gehe, „eine gegenseitige Form der Unterstützung“ auszuloten.

Der „Berliner Verlag“ gibt die DDR-Frauenzeitschrift 'Für Dich‘ und die 'Neue Berliner Illustrierte‘ heraus. Bei den Gesprächen ging es aber vor allem um eine Beteiligung an der DDR-Programmzeitschrift „ff-dabei“. Das Rundfunk-und Fernsehblatt wird „drüben“ wöchentlich in einer Auflage von rund 1,5 Mio. Exemplaren verbreitet. Springer verlegt „Europas größte Fernsehzeitung“, die 'HörZu‘.

Gerüchte, nach denen der Springer-Verlag schon eine Beteiligung in der Tasche habe, dementierte Bremer. „Es ist viel zu früh, über sowas zu reden. Wir sondieren erst mal vor, mehr nicht.“ Bevor man ins Detail gehen könne, müsse man aber erst mal das neue Medien-und Handelsgesetz der DDR abwarten. Eine Beteiligung entspreche aber der „Unternehmensphilosophie“ des Zeitungsimperiums.

Die Strategen des Springer-Konzerns sind nicht die einzigen Presseunternehmer, denen der Osten leuchtet. Christoph Keese, Sprecher von Gruner&Jahr, bestätigte auf Anfrage, daß auch sein Verlag „Gespräche auf allen Ebenen in der DDR“ führe. Keese: „Wir sitzen in den Startlöchern!“ Grundsätzlich sieht er zwei Möglichkeiten im neuen Markt: Mit DDR-Verlagen zu kooperieren und auf Ost-Papier zu drucken oder West-Zeitungen irgendwann drüben zu vertreiben. Beides würde derzeit „geprüft“, beides sei aber auch mit einer „Reihe ungelöster Fragen verbunden“. Über konkrete Projekte will er „jetzt noch nicht reden.“ Keese hofft, das sich viele Probleme durch einen „vernünftigen, neuen gestützten Wechselkurs“ erledigen. Denn ein 'Spiegel‘ würde derzeit drüben rund 50 Ost-Mark kosten.

Der Springer-Konzern, der sich in den vergangenen Jahren auch in westeuropäische Verlage in Spanien und Italien eingekauft hat, verlegt auch in Ungarn mittlerweile drei Zeitungen. Zur Zeit sei „alles vorstellbar“, wie die Zusammenarbeit mit DDR-Verlagen konkret aussehen könne. Es gebe seinem Verlag gegenüber jedenfalls keine Vorbehalte.

Durch die Rücktrittswelle in der SED-Spitze und im Politbüro gestaltet sich die west-östliche Verhandlungsatmosphäre momentan aber als schwierig. „Die Verlage agieren dort doch mit dem Segen des Politbüros. Das gibt es jetzt nicht mehr. Von daher wissen wir gar nicht, mit wem wir das nächste mal reden“, erklärte Bremer der taz leicht resigniert.

Claus Christian Malzahn