AUFSTANDSALLTAG

■ Dokumentarfilm über den Palästinenseraufstand

Ort des Geschehens ist Beit Sahour, jenes vorwiegend christliche 12.000-Seelen-Städtchen in der Westbank, das jüngst wegen seines Steuerstreiks und der wochenlangen Belagerung durch das israelische Militär international bekannt wurde. Der Dokumentarfilm von Robert Krieg und Kameramann Peter Petrides ist kein Soli-Film der üblichen Art, sondern zeigt den Alltag und die Selbstorganisation der Bevölkerung im Kampf gegen die Besatzung, ein Kampf, der zwei Jahre nach dem Beginn der Intifada, des Palästinenseraufstandes, längst zur Normalität geworden ist. Selbst wenn eine Szene der Auseinandersetzung zwischen Soldaten und Demonstranten gezeigt wird, dann geschieht das eher beiläufig: Eben noch das übliche Treiben auf dem Markt, dann, als ein Militärjeep auftaucht, Bewegung: Menschen, die weglaufen, Geschäftsleute, die ihre Läden schließen, und vermummte Jugendliche, die Steine werfen. Die Kamera bezieht Position, gefilmt wird diesmal nicht hinter den Reihen der Militärs, sondern von der anderen Seite aus. Und schon sind da die Soldaten und erklären das Gebiet zur militärischen Sperrzone. Filmen verboten.

Filmen unter der Besatzung: Hände, die Teegläser halten, Männerfüße in Leder- oder Turnschuhen, Frauenfüße in Schlappen. Die Gesichter der Versammelten sehen wir nicht, wohl hören wir, wie die örtliche Führung des Aufstands ihre Tagesordnung festlegt: Die Bewachung des Ortes, eine Hochzeit... Der vierzehnjährige Yahia, den Kopf bis auf die Augen verhüllt, sein Bein wurde von einem Gummigeschoß zerfetzt. Sein Fuß wird gelähmt bleiben. Aber das erfahren nur wir, er selbst weiß das noch gar nicht. Der Verantwortliche eines geheimen Vorratslagers, zwischen seinen Getreidefässern von hinten im Bild. Aber viele andere, Männer, Frauen, Alte, Junge, sind bereit, offen vor der Kamera zu reden. „Vor jeder Szene haben wir diskutiert, was gefilmt werden kann und was nicht“, sagt Regisseur Krieg, „oft waren wir es, die Bedenken hatten, nicht die Palästinenser.“

Intifada - auf dem Weg nach Palästina ist ein ruhiger Film über das Land, die Orte, die Menschen, die alltägliche Seite von Besatzung und Aufstand, die kleinen konkreten Schritte und das Warten auf die große Lösung, den unabhängigen Staat an der Seite Israels. Die Akteure haben hier das Wort, die Übersetzung erfolgt in Untertiteln. So fehlen auch kommentierende Analysen oder Hintergrundinformationen zum Nahost-Konflikt. Wer die häufig gleichen Fernsehbilder über die Initifada leid ist, sollte diesen Film nicht verpassen.

Beate Seel

„Intifada - auf dem Weg nach Palästina“ läuft ab heute bis zum 13.12. um 18.30 Uhr in der Filmbühne am Steinplatz. In Zusammenarbeit mit dem Bildungs- und Aktionszentrum 3.Welt (BAZ) werden nach jeder Vorstellung themenbezogene Referate und Diskussionen stattfinden: Heute: Alltag in der Intifada

-Eindrücke eines Augenzeugen (Peter Petrides, Kameramann); 8.12.: Die „Palestine Woman Working Commitees“ und ihre Arbeit (PWWC); 9./10.12.: Filmen im Aufstand. Als Regisseur in Palästina (Robert Krieg); 11.12.: Die Arbeit der Palästina-Initiative im Weißbecker-Haus (Thomas Kroll); 12.12.: Ansätze palästinensischer Selbstorganisation im Libanon (Diana Zamboni, Najdeh e.V.); 13.12.: Das Beispiel einer Frauenkooperative in der Westbank (Manfred Wolf, Weltfriedensdienst)