Größte Mietsteigerungen bei „Bruchbuden“

■ Neuer Altbau-Mietspiegel dokumentiert Mietsprünge von bis zu 36 Prozent - vor allem bei „Substandardwohnungen“ / Bausenator Nagel: Trotzdem „in der Tendenz mieterfreundlich“ / Mietspiegel für Neubauwohnungen soll erst zum 1. Juli kommen

Seit der Aufhebung der Mietpreisbindung vor zwei Jahren sind die Altbaumieten zwar im Schnitt nur um 10 Prozent, aber gerade bei den billigen „Bruchbuden“ weit überproportional um bis zu gut 36 Prozent in die Höhe geklettert. Dies ergibt sich aus den Angaben von rund 13.000 Mietern und Vermietern, die in den neuen, ab Januar 1990 geltenden Altbau -Mietspiegel eingingen. Besonders in der letzten Phase seien die Verhandlungen schwierig gewesen, sagte Bausenator Nagel. Gestern wurde die Übersicht nun vom Mieterverein, dem Mieterschutzbund sowie der Mieterunion einerseits und dem Bund der Haus- und Grundbesitzervereine, dem Landesverband Freier Wohnungsunternehmen und dem Verband Berliner Wohnungsbaugenossenschaften und -gesellschaften als Vermieter andererseits unterzeichnet. Wie schon beim alten Mietspiegel von 1987 sind in dem Tabellenwerk wieder Wohnungstypen jeweils vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage unterschieden. Die so gefundenen „ortsüblichen Vergleichsmieten“ stellten mittlerweile im rechtlichen Sinne für Mieterhöhungen ein „überlegenes Beweismittel“ dar, meinte Nagel gestern. Er nannte mehrere bis zuletzt offene Streitpunkte, wegen der er sich zum Schluß der Verhandlungen persönlich eingeschaltet habe. So hätten die Mieterverbände zunächst angestrebt, ganz auf die Ausweisung von Wohnwertlagen zu verzichten.

Kompromißweise habe man sich schließlich darauf verständigt, in den nächsten anderthalb bis zwei Jahren ein kleinteiligeres Kataster für die jetzt zu groben Gebietszuweisungen zu erstellen. Weiter vereinbarten die Verbände, die Einführung eines Neubau-Mietenspiegels auf den 1. Juli zu verschieben, so Nagel.

Daß in den Mietspiegel nicht Mietsteigerungsquoten von rund 45 Prozent eingingen, liegt Nagel zufolge nur an rechnerischen Kunstgriffen. Einerseits seien überhaupt nur zwei Drittel der Mietspannen berücksichtigt worden, die mit der Erhebung beauftragten Interviewer des Bielefelder Emnid -Instituts ermittelten. Dann hätten sich die Verbände geeinigt, den Daten statt eines arithmetischen Mittels einen statistischen Medienwert zugrunde zu legen, der in den meisten Fällen eine geringere Mieterhöhung ausweise.

Nichtsdestotrotz fand gestern der Geschäftsführer des Mietervereins, Hartmann Vetter, eindeutig die Theorie bestätigt, daß Mieter in schlechten Wohnlagen in den letzten zwei Jahren besonders hohe Mieterhöhungen abbekamen. Nach den von Vetter präsentierten Zahlen steigerten sich die Mieten bei den sogenannten Substandardwohnungen ohne Bad und ohne Sammelheizung, die bis 1918 hochgezogen wurden, im Schnitt um stolze 21,2 Prozent. Im Vergleich zu dem Mietenanstieg von 9,8 Prozent bei den Komfortwohnungen in der Baualterkategorie sei der mehr als das Doppelte. Bei Kleinwohnungen bis 39 Quadratmetern in einfacher Wohnlage kletterten die Mieten nach Angaben des Verbandssprechers sogar um 22,7 Prozent. Der Spitzenreitersatz: 36,92 Prozent.

thok