Die Herausforderung des Mr. Meyer

■ Maggie Thatcher gewinnt erste Vertrauensabstimmung mit 84 Prozent

Dublin (taz) - Spannung vor Raum zwölf im britischen Unterhaus am Dienstag abend: Drinnen fand die Stimmenauszählung der Wahl zum Tory-Parteivorsitz statt. Das erste Mal seit ihrer Amtsübernahme mußte sich Margaret Thatcher einer solchen Wahl stellen. Ihr Herausforderer: der Tory-Hinterbänkler Sir Anthony Meyer (69), der seine Kandidatur mit Thatchers Ablehnung der Europäischen Währungsunion und Unzufriedenheit mit ihrem diktatorischen Führungsstil begründete. Die konservative Parteiführung reagierte auf Meyers Schritt mit Panik und Durchhalteparolen. Meyer gab sich jedoch keinen Illusionen hin. „Ich weiß, sie werden Hackfleisch aus mir machen“, sagte er am Wochenende, „aber ich will den Abgeordneten die Gelegenheit geben, ihre Unzufriedenheit mit Margaret Thatcher auszu drücken.“

Den ganzen Dienstag lauerten Kamerateams vor Raum 12. An den Loyalitätsbekundungen einiger Hinterbänkler war jedoch niemand interessiert. Die Journalisten waren erpicht auf Dissidenten. Doch der einzige, der zugab, für Meyer gestimmt zu haben, war Anthony Meyer selbst. Kurz nach 18 Uhr wurde das Ergebnis verkündet: 84 Prozent der konservativen Abgeordneten hatten für Thatcher gestimmt. Allerdings hatten immerhin 60 Tories Meyer gewählt, sich enthalten oder waren gar nicht erst erschienen.

Nach der Wahl gab es nur strahlende Gesichter. Die Thatcher -Treuen sahen sich in der Regierungspolitik bestätigt, während ihre Gegner ankündigten, auf Grundlage der 60 Gegenstimmen aufbauen und im nächsten Jahr einen ernsthaften Gegenkandidaten - etwa den ehemaligen Verteidigungsminister Michael Heseltine - aufstellen zu können. Ein Sturz Thatchers vor den nächsten Unterhauswahlen in zwei Jahren ist jedoch unwahrscheinlich, solange die britische Wirtschaftskrise nicht drastische Ausmaße annimmt. Anthony Meyers blasphemische Herausforderung wird wohl als Sturm im Wasserglas in die Geschichte eingehen.

RaSo