Ausnahmerecht über den Philippinen

■ Präsidentin Aquino verhängt Ausnahmezustand, aber kein Kriegsrecht / Putschisten und Regierung einigen sich auf Waffenstillstand / AusländerInnen aus Manilas Geschäftsviertel evakuiert / Verhandlungen zwischen Meuterern und Regierung

Manila (afp/ap/dpa) - Angesichts der anhaltenden Spannungen auf den Philippinen hat Präsidentin Corazon Aquino am Mittwoch den landesweiten Ausnahmezustand verhängt, gleichzeitig aber Verhandlungen mit den Rebellen zugestimmt.

Wie offiziell in Manila mitgeteilt wurde, bedeutet der Ausnahmezustand noch nicht die Einführung des Kriegsrechts und bleibt nur so lange in Kraft, bis die Rebellion von Teilen des Militärs endgültig beendet ist. Unter dem Ausnahmezustand werde die Regierung die öffentlichen Dienste und die Verkehrsbetriebe direkt kontrollieren. Die Bürgerrechte, so teilten Kabinettsmitglieder mit, würden nicht ausgesetzt, und das Parlament arbeite weiter. Die Maßnahme ermögliche es Präsidentin Aquino lediglich, die Leitung von Wirtschaftsbetrieben zu übernehmen, um zum Beispiel die Versorgung des Landes mit Strom, Wasser und Lebensmitteln sicherzustellen.

Unterhändler der meuternden Soldaten und der Regierung einigten sich unterdessen auf einen Waffenstillstand bis Mitternacht, der gegebenenfalls bis heute morgen ausgedehnt werden sollte. Die erste gestern früh vereinbarte Feuerpause hatte die Evakuierung von 2.500 AusländerInnen und Filipinos aus Manilas Geschäftsviertel Makati ermöglicht, das nach wie vor von den Rebellen besetzt war. Ein Angebot der Regierung, die Putschisten bei freiwilliger Kapitulation „fair, gerecht und human“ zu behandeln, wurde von den Meuterern zunächst abgelehnt. Sie blieben bei ihrer Forderung, Corazon Aquino müsse abtreten.

In ihrer offiziellen Erklärung, mit der sie offenbar selbst einzelne Regierungsmitglieder überrascht hat, begründete Präsidentin Aquino die Verhängung des Ausnahmerechts mit dem „sinnlosen Verlust von Menschenleben“ und den „schweren materiellen Schäden“ seit Beginn des Militärputsches am vergangenen Donnerstag. Seitdem sind nach inoffizieller Bilanz mindestens 77 Menschen getötet und 550 verletzt worden.

Vertreter der Regierung verhandelten unterdessen mit Zustimmung der Präsidentin mit einer Abordnung der noch etwa 300 bis 400 rebellierenden Soldaten über ein friedliches Ende der Meuterei. Brigadegeneral Enrile, der die Regierung vertritt, bezeichnet den Verlauf der Verhandlungen als „gut“. Während der Gespräche hielten sich sowohl die in Makati als auch die auf einem Luftwaffenstützpunkt von Cebu verschanzten Meuterer an den Waffenstillstand. Nach Einschätzung der Armee hatten die Rebellen ihren Putsch rund zwei Jahre lang vorbereitet.

Vor Verhängung des Ausnahmerechts hatte Aquino an die Bevölkerung appelliert, am Freitag auf die Straße zu gehen, um ihre „massive Unterstützung“ für die Regierung zu bekunden. Zuvor hatte der Erzbischof von Manila, Kardinal Jaime Sin, sofortige und „tiefgreifende Reformen“ innerhalb von Justiz und Verwaltung angemahnt.