Truppenabbau vorprogrammiert

■ Koalitionsentwurf zur Streitkräfteplanung auf Druck der FDP nachgebessert

Berlin (taz) - Nach einem heftigen Streit in den Koalitionsreihen hat sich die Bonner FDP im Kabinett gegen Verteidigungsminister Stoltenberg (CDU) durchgesetzt. Entgegen den Plänen Stoltenbergs wurde in der gestrigen Sitzung unter der Leitung von Kanzler Kohl grundsätzlich grünes Licht dafür gegeben, daß die zukünfte Bundeswehrstärke auch weniger als 400.000 Mann betragen kann.

Der Beschluß sieht nun vor, den Umfang der Streitkräfte als Ergebnis erfolgreicher konventioneller Abrüstungsverhandlungen in Wien (VKSE) in den 90er Jahren von heute 495.000 auf auf zunächst 400.000 zu verringern. Durchgesetzt hat sich die FDP mit der Forderung, daß diese Zahl keine untere Begrenzung der Truppenstärke sein dürfe, wie es der Verteidigungsminister anfangs gefordert hatte. Eine Verlängerung der Wehrdienstzeit von gegenwärtig 15 auf 18 Monate ab 1992 - von den Militärs bisher als unabdingbar bezeichnet - ist ebenfalls endgültig vom Tisch. Die Ministerrunde folgte weiter der Forderung von FDP und SPD nach der Einsetzung einer Wehrstrukturkommission.

Die ursprünglich für den Vormittag angesetzte Kabinettsrunde war auf den späten Nachmittag vertagt worden, damit der Kanzler und die Minister an einer Trauerfeier für den bei einem RAF-Attentat getöteten Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen teilnehmen konnten.

Der Streit um Stoltenbergs Vorlage war am vergangenen Montag offen entbrannt. FDP-Bildungsminister Möllemann hatte vorgeschlagen, die Truppensstärke der Bundeswehr um 145.000 auf 350.000 zu reduzieren. Darüber hinaus wollte er den Wehrdienst auf 12 Monate verkürzen und das Milliarden -Abenteuer „Jäger 90“ ein für allemal zu Grabe tragen. Stoltenberg widersetzte sich und pochte auf Einhaltung des Mitte November verabschiedeten Koalitionsentwurfs. Darin war eine Untergrenze der Bundeswehrstärke als ein Eckwert festgeschrieben worden. Die Kompromißlinie wurde dann am Dienstag bei einer Koalitionsrunde ausgehandelt. Stoltenberg mußte den Entwurf seiner Streitkräfteplanung um die Aussage ergänzen, daß bei positiven Abrüstungsergebnissen der Umfang der Streitkräfte auch unter 400.000 Mann sinken kann.

wg