„Offener Dissens“

■ Alternative Liste fühlt sich nicht mehr an den „Knebelvertrag“ mit den Sozialdemokraten gebunden / Streit um die „Ausländerweisung“ hält an

Mit dem offenen Dissens in Sachen „Ausländerweisung“ ging am Mittwoch abend der Koalitionsausschuß von SPD und AL zu Ende. Nach Meinung der AL hat die SPD mit ihrem Beharren auf der Weisung den Konsens der Koalitionsvereinbarung verlassen. Die AL fühlt sich deshalb nicht mehr an den sogenannten „Knebelvertrag“, dem Passus der Vereinbarung, der den Fraktionen eigenständige parlamentarische Initiativen verbietet, gebunden. Praktisch könnte dies Auswirkungen auf das Abstimmungsverhalten in den Ausschüssen bzw. eigenen Anträgen im Parlament haben.

Die schlechte Stimmung zwischen den Fraktionen, die durch den Vorschlag Mompers zur Entwicklung in der DDR, der Besetzung des runden Tisches und die Zustimmung zum Kohlschen Zehn-Punkte-Plan entstanden war, normalisierte sich allerdings wieder. Eine Arbeitsgruppe zur gemeinsamen Weiterentwicklung rot-grüner Deutschlandpolitik wurde instaliert. In der nächsten Woche soll die Initiative der AL, Berlin zur KSZE-Stadt zu machen, diskutiert werden. Die AL hatte Mompers Blitzeinladung der führenden Köpfe der DDR in Rathaus Schöneberg letzten Montag und seine Abkehr vom Prinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR heftig kritisiert. Momper habe an dieser Stelle den rot-grünen Konsens verlassen. Nach wie vor lehnt die AL - im Gegensatz zu Momper und der Berliner SPD - den Zehn-Punkte -Plan des Kanzlers ab mit der Begründung, jeder Schritt führe in der Konsequenz zur Wiedervereinigung.

In der Frage der Tarifverträge für die KiTa -MitarbeiterInnen allerdings blieben die Fronten weiterhin hart. Die SPD lehnt die Verhandlungen ab. Die AL hingegen wird den Vollstreik der ErzieherInnen, der am Montag beginnen soll, unterstützen. Die ÖTV und GEW, seit Dienstag im Urabstimmungsverfahren, werden heute die Abstimmungsergebnisse bekanntgegeben. Das Zählverfahren dauerte bei Redaktionsschluß noch an.

bf