Franke: „Mein Nachfolger ist in einer ganz starken Position“

■ taz-Gespräch mit dem Bremer Bildungssenator über Hinter(gründe), Intrigen und Folgen seines Rücktritts

taz: Warum?

Der Zeitpunkt, daß ich meinen Rücktritt ausgerechnet am Samstag erklärt habe, hängt damit zusammen, daß im Weser -Kurier am Samstag ein Artikel erschienen ist mit der Lesart: Der Franke hört ja sowieso auf, da kann man doch mal mit ihm reden, ob er das nicht eher tut. Dieser Spekulation, die nun wirklich nicht um meinetwillen angestellt worden ist - da ging es um ganz andere Zusammenhänge, Senatsumbildung insgesamt, Bernd Meyer als Bausenator wieder rein - konnte ich nur mit zwei Antworten begegnen. Erstens: Alles vollkommener Unsinn. Franke ist rege und wird selbstverständlich weitermachen. Diese Erklärung konnte ich nicht abgeben, denn ich bin in der Tat gesundheitlich angeschlagen. Als ich nun durch die Spekulationen im Weser -Kurier herausgefordert war, blieb mir deshalb nur die zweite Antwort. Und die lautete: Nein, ich kann mir wirklich nicht mehr zumuten, in einem Ressort weiterzukämpfen, in dem protestierende Studenten stehen, fordernde Künstler, ärgerliche Eltern, verärgerte Sozialpädagogen, wütende Bibliothekare.

Haben Sie sich das so vorgestellt: Rücktritt morgens nach der Zeitungslektüre, aus dem Bett heraus per Presseerklärung?

Nein, das hätte ich mir mal ganz vorgestellt. Wenn es nach mir gegangen wäre und übrigens auch nach dem Bürgermeister, hätten wir die Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft zu Ende gebracht und dann die Fraktion und den SPD -Landesvorstand zusammengeholt und unmittelbar vor der Weihnachtspause erklärt: Der Thomas Franke will aufhören, wir brauchen einen neuen. Die oder den werden wir direkt nach der Weihnachtspause finden. Jetzt wird natürlich während der ganzen Haushaltsberatungen rumgegluckt: Wer geht wohin. Das ist ja jetzt das neue Thema.

Der Senator Franke hat ja schon öfter mal über Rücktritt nachgedacht, auch laut, allerdings ohne je ein Wort über seinen Gesundheitszustand zu verlieren. Wenn, dann ging es immer um einen ordentlichen Kulturetat. War das alles nicht so ernst gemeint?

Das war schon verdammt ernst gemeint. Und das meine ich auch immer noch ganz ernst: Der Kulturetat muß in den kommenden Jahren deutlich höher sein, als er bislang ist. Ich habe dazu die Vorgespräche auf einen Punkt gebracht, bei dem eine Senatsentscheidung in absehbarer Zeit möglich wird. Und wenn meine Forderung dann nicht erfüllt worden wäre, wäre ich natürlich unter Protest und unter Benennung der Gründe zurückgetreten.

Jetzt wird jede Nachfolgerin bzw. jeder Nachfolger sich an dieser, meiner Position messen lassen müssen. Und ich werde ihr oder ihm auch klipp und klar sagen: Du kannst in diesem Ressort nur bestehen, wenn Du eine vernünftige Kulturfinanzierung - und zwar jetzt, bei Deinem Amtsantritt

-zur Bedingung machst. Und wenn ihm oder ihr zu der Frage nichts einfällt, wird dieser Kultursenator schon erledigt sein, bevor er überhaupt angefangen hat. Das heißt: Der Neuling ist im Augenblick in einer äußerst starken Position. Ich hoffe, daß er sich dessen bewußt ist und die nächste taz aufmerksam liest.

Wenn es einem gesundheitlich sowieso nicht so ganz dolle geht geht, wie wirkt sich dann denn aus, wenn - mutmaßlich die eigenen Genossen - im Weser Kurier das eigene Senatsamt öffentlich ausloben. Sozusagen das Bärenfell schon verteilen, während der Bär noch danebensteht?

Na, der Schreiber dieses Artikels ist ja auch Genosse. Insofern kann man schon mit von einer „Genossenmannschaft“ reden, die sich da zusammengetan hat. Aber das ist natürlich etwas, was einem nach so vielen Profijahren nicht mehr unter die Haut geht. Daß man sich in der Politik solcher Methoden bedient, daß man Intrigen spinnt, ist in unserm Geschäft ja doch Gang und Gäbe. Und ich will in der Stunde des Abschieds ehrlicherweise sagen: Ich hab gelegentlich auch solche Methoden angewandt. Allerdings mit einem Unterschied: Ich habe mir vorgenommen - bei allem Clinchen - dem Bekämpften noch in einem vernünftigen menschlichen Verhältnis gegenübertreten zu können. Und ich glaube, das ist mir auch geglückt.

Vielen Dank und - so oder so - alles Gute.

Int: Klaus Schloesser

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