Arzttag: 94 Stunden lang

■ Kripo ermittelte gegen 90 Kriminelle im weißen Kittel / Polizei-Rüge: Staatsanwälte lassen Ärzte aber lieber laufen

Koalitionskrise zwischen den Gewalten? Der 'Bund Deutscher Kriminalbeamter‘ (BDK) hat „der Justiz“ vorgeworfen, Verfahren gegen Kriminelle im weißen Kittel „zunehmend unter fadenscheinigen Begründungen einzustellen“.

Beispielsweise sei für ein paar tausend Mark Geldbuße ein Verfahren gegen einen Charlottenburger Allgemeinmediziner eingestellt worden. Der Arzt habe bei den Krankenkassen für seine Arbeit so hohe Kosten angemeldet, daß er umgerechnet auf eine Arbeitszeit von 94 Stunden am Tag hätte kommen müssen.

Seit drei Jahren hat die 'Arbeitsgruppe Ärzte‘ der Berliner Kripo zeitaufwendig in 90 solcher Fälle ermittelt, so BDK -Vorsitzender Ulrich Gähner. Die Gruppe besteht aus fünf Kripo-Spezialisten, die sich ein umfangreiches Fachwissen angeeignet haben. Die 16 zuständigen Staatsanwälte seien aber auch für Ermittlungen in anderen Strafsachen verantwortlich. Deshalb würden „Ärzte-Verfahren“, die „aus einem Wust von Akten“ bestünden, lieber eingestellt. Damit wird eine Berufsgruppe, die vom Vertrauen ihrer Patienten getragen wird, für ihre Verstöße noch bevorteilt, stellte Gähner fest. Er forderte deshalb bei der Staatsanwaltschaft ein Team von Fachjuristen für die alleinige Bearbeitung der Verfahren gegen „Götter in Weiß“.

Die Berliner Justiz „begrüßt die Initiative“ der Kriminaler und will keinen Streit. Im Rahmen der Umstrukturierung in der Staatsanwaltschaft soll bis zum Jahresanfang eine „Ad -hoc-Gruppe“ eingerichtet werden, erklärte Justizsprecher Cornel Christoffel der taz. Diese Gruppe soll dann kriminellen Ärzten und Apothekern den Garaus machen.

diak