Klerikaler Thriller

■ Film über Oscar Romero, den salvadorianischen Erzbischof / Kirche und Gewalt

Düstere Musik, Hubschrauber geschwirre aus dem Off und eine Straßenszene aus El Salvador. Die Atmosphäre ist angegruselt, bedrohlich überall ist Militär. Eine Wahlversammlung der demokratischen Opposition wird ohne Vorwarnung zusammengeschossen. Schreiende Menschen fliehen über zusammenbrechenden Opfern hinter schützende Mauern. Schnitt.

Eine Parlamentswahl unter freiem Himmel wird massiv von Soldaten behindert. Die kollektive Angst der ländlichen Bevölkerung ist allgegenwärtig. Immer dabei: Priester, wie Monsignore Romero, und kirchliche Mitarbeiter. Sie predigen Gewaltlosigkeit.

Die Republik El Salvador (Rep. „des Erlösers“) wird seit 1931 ununterbrochen von den Militärs regiert. Demokratisierungsversuche von Volksorganisationen wurden blutig niedergeschlagen. Eine

wichtige Rolle im Kampf um soziale Gerechtigkeit spielt die „Theologie der Befreiung“, die von den Kirchenfunktionären aber als aufrührerisch und kommunistisch kritisiert wird.

Romero des australischen Regisseurs John Duigan beschreibt in erster Linie die Entwicklung des Weihbischofs Oscar Romero (Raul Julia) zum Erzbischof San Salvadors und sein wachsendes politisches Engagement für die Befreiung des Landes. Von den Kirchenoberen wird er als schwächlicher Übergangsbischof angesehen, die Junta läßt seine engen Vertrauten erschießen, und für die Campesinos ist er die Stimme des Volkes. El Salvadors Geldaristokratie hockt bei kühlen Longdrinks, während im Lande die Todesschwadrone den Widerstand in der bäuerlichen Bevölkerung mit Gewehrsalven im Keim ersticken.

Ein Pater fährt in seinem Jeep über die Steppe. Eine Gruppe von

Kindern steigt zu. Großauf nahme. Aus dem Lautsprecher hinter der Leinwand erklingt Smetanas „Moldau“. Im Kinosessel macht sich Angst breit. Das filmische Prinzip ist bekannt. Einführung von Personen, Gefahr wird heraufbeschworen, ein Schuß. Der Pater ist tot und einem schwerverletzten Jungen wird noch die letzte Kugel verpaßt.

El Salvador ist das am höchsten industrialisierte Land Mittelamerikas. Wichtigster Devisenbringer ist der Kaffee -Export, der u.a. über die Bremischen Häfen abgewickelt wird. Zumindest zwischen 1983 und 1987 wurden in Bremen Waffensysteme nach El Salvador verschifft. Diese Waffen werden auch dazu verwendet, die Arbeit der Oppositionsgruppen zu zerschlagen. Aus Angst, offen zu operieren, sind die salvadorianischen Gewerkschaften derzeit schwach. Weitere Gruppen im Kampf für demokratische Rechte sind: Die Befreiungs

front FMLN und verschiedene Guerilla-Organisationen, „Die Mütter der Verschwundenen“, Selbsthilfegruppen in den Slums, Agrargenossenschaften, Gesundheitsinitiativen.

Duigans Romero behandelt nicht die gesamt-gesellschaftliche Situation El Salvadors. Er jongliert in Thriller-Manier mit dem Publikum. Ein weiteres Beispiel: Der Erzbischof erwähnt kurz einen Brief an US-Präsident Carter, danach erleben wir die Hinrichtung einer mißhandelten Frau. Duigan individualisiert die Situation zu sehr. Das Problem der einseitigen Beschränkung zugunsten eines breitgefächerten Publikumsinteresses aber bleibt. Die Realität in Mittelamerika ist nur im Verbund der Gesamtregion zu verstehen. Das sollte auch eine US-Produktion berücksichtigen. Jürgen Franck

Kursiv-Infos: El Salvador Gruppe HB, Initiative Kirche von unten. Ab Do., Cinema Ostertor, 21 Uhr