Weserstadion: Kein Tivoli am Weserdeich

■ Beirat Östliche Vorstadt lehnt Stadion-Ausbau ab / Sportsenator Kröning von GenossInnen ausgeschimpft

Lieber hätte sich der Sportsenator im Glanze des Pokalerfolgs des SV Werder gesonnt. Daß ihm das nicht vergönnt war, daß er am Dienstag abend just zur Fußballzeit nur wenige Hundert Meter neben der Stätte des Triumphes zum Rapport in Sachen Weserstadion bestellt war, hatte er dem Beirat Östliche Vorstadt zu verdanken. Drei Stunden lang stellten sich Kröning und drei Behördenvertreter der Schelte der ViertelparlamentarierInnen - doch ihre Standhaftigkeit zahlte sich nicht aus. In einem Abstimmungswirrwarr, der quer durch alle Fraktionen ging und mit einem in sich sehr widersprüchlichen Entschließungstext endete, lehnte der Beirat die Ausbaupläne des Weserstadions ab. Begründung: „Die seit langem geforderten verkehrlichen Infrastrukturmaßnahmen für den fließenden und den ruhenden Verkehr“ sind nicht umgesetzt worden; es liegen „keine Planungen für eine Verbesserung der Verkehrssituation im Stadtteil“ vor. Ebenfalls abgelehnt wurde, wie es in dem von SPD und Grünen gemeinsam eingebrachten Antrag heißt, „die geplante erweiterte Nutzung der Sportstätte Weserstadion im Naherholungsgebiet

Pauliner Marsch“. Stattdessen sollten „notwendige Sanierungsmaßnahmen des Weserstadions und des Stadionbades“ in Angriff genommen werden.

In Rage geraten waren die Beiratsmitglieder angesichts der Informationspolitik von Senat und Behörden. Als eindeutigen Verstoß gegen das neue Beiratsgesetz werteten die SprecherInnen aller Fraktionen die Tatsache, daß sich zwar der Senat für den Ausbau der Südtribüne ausgesprochen hatte, bereits konkrete Verhandlungen mit einem privaten Investor geführt werden, sie aber weder über den Stand der Dinge unterrichtet noch in den aktuellen Planungsstand eingeweiht worden waren.

Beiratssprecherin Angelika Pensky (SPD) sparte denn auch nicht mit Kritik am Genossen Kröning: „Diese Umsetzung des Beirätegesetzes habe ich mir an so einem Projekt schon anders vorgestellt“. Und fügte hinzu: „Wir werden sehr ungeduldig, wenn die sportliche Nutzung erweitert wird und wenn Gebäudeteile gewerblich genutzt werden“.

Gemeint war damit der ganzjährige Betrieb einer Gastronomie, die mit Investitionen in Millionenhöhe modernisiert werden soll und nach den Befürchtungen

der Beiräte zu erhöhtem Verkehrsaufkommen in der Pauliner Marsch und zu einer Versiegelung von Teilflächen führen wird.

Daß er das Beirätegesetz verletzt haben solle, wies Senator Kröning ganz entschieden zurück. Wenn es heißt, Planungsabsichten seien zum „frühestmöglichen Zeitpunkt vorzulegen“, so treffe das auf den Ausbau des Stadions gar nicht zu. „Ihnen wird nichts Neues beschert“, erwiderte Kröning, schließlich stehe der Baukörper zur Hälfte und das Ganze sei überdies ein gesamtstädtisches Vorhaben, bei dem der Beirat bitte „über den eigenen Kirchturm hinaus“ Verantwortung zeigen müsse. Eine Erschließung weiterer Verkehrsflächen sei nicht beabsichtigt, das Park and Ride System solle mit einer zweiten Weserfähre ausgebaut werden und welche Größenordnung die Gaststätte einmal haben wird, das „ist noch völlig offen“ (Kröning).

Gegen soviel Hinhalten und Halbwissen machte der versammelte Stadtteilunmut mobil. Alles was über die kleinteiligen Vorstellungen der ViertelpolitikerInnen hinausging, wurde mit Skepsis bedacht. Zwei bis drei Groß

konzerte im Stadion pro Jahr - da „müssen die Anwohner flüchten, weil es nicht mehr auszuhalten ist“, da „wippen die schönen Häuser am Osterdeich im Takt der Bässe“.

Ob sich allerdings Sportdeputation und Bürgerschaft dem Vo

tum des Beirats anschließen werden, ist mehr als zweifelhaft. Dort ist das Senatsmodell, das bis zum Jahre 1991 den Bau der Südtribüne nebst Leichtathletikhalle vorsieht und dessen 28 Millionen- Kostenrahmen im städtischen Haushalt nur mit 3,5 Mil

lionen zu Buche schlagen soll, auf fraktionsübergreifende Gegenliebe gestoßen. Zumal das Fan-Projekt langfristig gesichert werden soll und Werder noch in diesem Jahr einen Abschlag von 3 Millionen Mark zu zahlen bereit ist.

anh