Kampf um AL-Herzen

■ Am Dienstag entscheidet der Senat über die Stromtrasse / Schreyers Niederlage gilt als sicher

Wenn der Senat - wie geplant - am Dienstag entscheidet, in welcher Form er die Stromtrasse durch Spandau baut, dann können die SenatorInnen zwischen zwei Vorschlägen wählen. Wirtschaftssenator Mitzscherling (SPD) und Umweltsenatorin Schreyer (AL-nah) konnten sich auf keine gemeinsame Lösung einigen. „Es gibt da einen Dissens“, bestätigte gestern Mitzscherlings Sprecher Wolfgang Heinze.

Die Unterschiede in Kürze: Mitzscherling plädiert dafür, eine leistungsstarke 380-Kilovolt-Trasse zu bauen. Schreyer dagegen will lediglich zwei 110-KV-Doppelkabel in die Erde legen, die dann eine eingeschränkte Übertragungskapazität von 400 Megawatt hätten. In Schreyers Konzept ist eine Vollverkabelung der Trasse vorgesehen, Mitzscherling dagegen will im Spandauer Forst Strommasten für eine Freileitung aufstellen. Für den Rest der Strecke zwischen Oberhavel und dem Umspannwerk Reuter plant dann auch der SPD-Senator ein Erdkabel.

Eingeweihten gilt es als sicher, daß sich Mitzscherling im Senat durchsetzen wird. Die SPD-Fraktion jedenfalls stellte sich in interner Sitzung schon am Dienstag abend mit Mehrheit hinter Mitzscherlings Vorschlag - auf Drängen auch des Regierenden Bürgermeisters Momper. Schreyers Konzept sei zu teuer und außerdem technisch kaum „realisierungsfähig“, kritisierte gestern Mitzscherling-Sprecher Heinze. Bei einer Maximalkapazität von 400 Megawatt könne die Leitung nur den Ausfall von einem der beiden großen Blöcke im Kraftwerk Reuter-West auffangen, argumentiert Heinze. Außerdem, so der Sprecher, wäre eine „Neuverhandlung“ mit den Vertragspartnern in der DDR nötig. Die hat daran, wie berichtet, wenig Interesse. „Eindringlich“, so Momper gestern, habe DDR-Ministerpräsident Modrow eine rasche Realisierung des Trassenprojektes angemahnt. Hintergrund: Ost-Berlin wartet auf die kostenlosen Stromlieferungen, die die DDR als Durchleitungsgebühr bekommen soll.

Schreyers Staatssekretär Groth wies dieses Argument gestern zurück. „Gegenwärtig“, so der Staatssekretär, erfordere das Schreyer-Konzept keine neuen Verhandlungen. Einzelheiten will Schreyer erst am Freitag auf einer Pressekonferenz vorstellen - genau einen Tag vor einer schon länger angesetzten Mitgliedervollversammlung der Alternativen Liste.

Damit habe der Pressetermin aber „überhaupt nichts zu tun“, versicherte Groth gestern treuherzig. Beobachter im Rathaus Schöneberg entlockt das nur ein müdes Lächeln. Ihre Deutung: Die Senatorin will den AL-Mitgliedern noch einmal vorführen, wie unerschrocken sie für eine abgespeckte Stromtrasse kämpft. Dann kann sie sich am Dienstag im Senat beruhigt überstimmen lassen.

hmt