Vorlauf: Schwanger für die SPD

■ Zu Gast bei Harry Walter

(Zu Gast bei Harry Walter, 20.00 Uhr, WDR) JedeR kennt seine Bilder, aber kaum jemand kennt ihn. Harry Walter gilt als Vater des modernen Wahlkampfes in der Bundesrepublik. Seit gut zwanzig Jahren ficht der sozialdemokratische Bud-Spencer -Typ für seine Partei - und nicht nur hier, sondern auch in Portugal oder Costa Rica. „Aber eins“, so Walter, „ist klar: Wenn ich im Ausland Kampgagnen mache, dann nur für Parteien links von der Mitte.“

Angefangen hat alles - wie könnte es anders sein in der Partei - mit einem Gespräch mit Herbert Wehner. Werbeprofi Walter hatte sich wiederholt über die SPD-Werbung geärgert. Wehner setzte auf Aufklärung und politische Lernprozesse, Walter eher auf die Optimierung der WählerInnenstimmen. Walter überzeugte und prüfte fortan die Wahlkämpfe. Er erfand die berühmte Oma mit Plastiktüte oder Dackel, die zu seinem Markenzeichen wurde. Die Botschaften wurden vereinfacht und emotionalisiert: „Was die Oma mit der Tüte nicht versteht, wird auch die Wählermassen nicht ergreifen.“ Der Wahlkampf als Ein-Satz-Kampagne: Opa: „Adenauer habe ich sehr geschätzt, aber diese Rosen sind für Willy Brandt.“ Oma (voller Angst): „Strauß will zurück an die Macht!“ Man wählte allemal lieber SPD.

Unvergessen auch die Bilder. Im Wahlkampf 1976 radelte für die SPD eine Schwangere durch die Heide. 1984 scheiterte Walter bei dem Versuch, den Markenartikel Muttermilch mit dem Markenartikel SPD zu verbinden. Der Parteivorstand lehnte die Ausstrahlung des Werbespots wegen der erigierten Brustwarze (der Mutter) ab. Dafür ist er jetzt neben anderen als Uraufführung zu sehen. Während Genosse Walter Anfang der siebziger Jahre mit dem „Leber-Plan“ den Bau von Stadtautobahnen zur Rettung der autoverseuchten Innenstädte propagierte, berät er heute unter anderem die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen beim High-Tech-Umbau des Ruhrgebietes. Sozialdemokratische Kontinuität nicht nur im Wahlkampf. Ein Blick auf die alten Werbespots lohnt den Film von Ulrike Filgers allemal.

Wolfgang Hippe