El Salvador-betr.: Berichterstattung zu El Salvador / Kurzmeldung zru EL Slavador-Demo in Frankfurt, taz vom, 4.12.89

Berichterstattung zu El Salvador

Von einer linken, von einer fortschrittlichen Zeitung erwarte ich Parteinahme. Im Falle El Salvadors ganz besonders erwarte ich Parteinahme für die Unterdrückten und für den Versuch, den aufrechten Gang zurückzugewinnen. Was mir aus der taz entgegenschlägt, ist Häme wie in Überschriften „Auch in San Miguel Volksaufstand nicht befolgt“ oder unsinnigen Unterschriften wie unter dem Foto in der taz vom 24.11.1989 (Seite 4), das offensichtlich fliehende amerikanische Militärberater zeigt, die mit der Waffe in der einen und ihrem Reisetäschchen in der anderen weglaufen. (...) Aus den Militärberatern werden einfache Soldaten, aus den fliehenden Militärberatern wird ein Angriff der Sondereinheit gemacht (die zum Angriff auch immer ihr Reisetäschchen mitnehmen, damit sie eine Unterhose zum Wechseln dabei haben), aus der Nachricht der Gefangenennahme von US-Militärberatern wird der fehlgeschlagene Angriff einer US-Sondertruppe, die zudem nicht zum Einsatz kam. Die Anwesenheit der bundesdeutschen GSG 9 taucht überhaupt nicht auf.

Nun kann man sich - zu Recht - fragen, was diese dümmliche Häme soll. (...) Ich habe die Berichterstattung der taz lange verteidigt und fand es richtig, daß sie sich nicht zum Sprachrohr der Solibewegung machen ließ. Aber die Häme, die einem jetzt entgegenschlägt, kann nicht hingenommen werden. (...)

Almuth Riedel, Salvador-Komitee, Bochum

Kurzmeldung zur El Salvador-Demo in Frankfurt,

taz vom 4.12.89

Ganze elf Zeilen hat die taz zur Frankfurter El-Salvador -Demo gebracht - eine Meisterleistung an kritischem, unangepaßtem Journalismus. Soll doch, wer unbedingt wissen will, was da im einzelnen los war, zur 'Frankfurter Rundscha'u greifen!

Was ist übrigens denn schon dabei, wenn eine ganze Demo eingekesselt wird wie bei einem Gefangenentransport, und wenn die Bullen an den Zufahrtstraßen die Leute gleich mit MPs erwarten? Das macht in einem freien Land doch gar nichts. Hauptsache, im Osten darf jetzt ungehindert demonstriert werden.

Und daß US-Piloten gelegentlich San Salvador bombardieren, ist zwar unschön, aber doch nicht so wichtig, als daß jeder Protest dagegen aufgebauscht werden müßte. Viel wichtiger ist jetzt beispielsweise die Frage, ob Krenz nicht eventuell doch einen Panzer-Einsatz in Leipzig favorisierte? Denn hier handelt es sich immerhin um Ost- und Mitteleuropa und nicht um irgendwelche Dritte-Welt-Geschichten. (...) Schließlich sollte auch die ideologische Halsstarrigkeit der FMLN, die es sich durch ihr fehlendes Bekenntnis zur Marktwirtschaft selbst zuzuschreiben hat, wenn die USA gegen sie Krieg führen muß, Grund genug sein, zu undifferenziertem Protest auf Distanz zu gehen. (...)

Otfried zur Nedden, Heidelberg