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Versicherungen zocken DDRler ab

■ Skrupellose Geschäftemacher nutzen die Unerfahrenheit der ÜbersiedlerInnen aus / Die Versicherungen entsprechen nicht dem Bedarf und nicht der Größe des Portemonnaies / „Tatbestand des Wuchers“

Berlin (taz) - Daß der Weg in den „goldenen Westen“ mit harten Pflastersteinen belegt ist, erfahren DDR -ÜbersiedlerInnen spätestens dann, wenn ihnen die ersten Versicherungsverträge aufgeschwatzt werden. Unseriöse Vertreter gelangen trickreich - trotz Verbots - in die Wohnheime oder „überzeugen“ vor den Heimen von der Wichtigkeit der Versicherungen. „Die verkaufen alle möglichen Versicherungen, bloß nicht die Privat -Haftpflichversicherung, die gegebenenfalls noch benötigt wird“, beklagt sich Frau Gabriele Franke von der Verbraucherzentrale Berlin. „Die Versicherungen entsprechen nicht dem Bedarf und der Größe des Portemonnaies“, so Frau Franke. Besonders beliebt seien Kfz-Verträge, an die gleich eine 10-Jahres-Unfallversicherung gehängt wird.

„Skrupellose Geschäftemacher nutzen die Unerfahrenheit unserer neuen Mitbürger aus“, beklagt auch der Verbraucherausschuß bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft in West-Berlin und fordert den Gesamtverband der Versicherungswirtschaft gleichzeitig auf, auf dem Wege der Selbstkontrolle gegen solche Geschäftemacherei vorzugehen.

Aber nicht nur die Versicherungsvertreter, sondern auch die Versicherer zeigen Phantasie, um ihre Renditen zu erhöhen. Ein Versicherer mit Sitz am Kurfürstendamm lädt zum „Berlin -Kontakt“ ein, bei dem er „Menschen aus dem anderen Teil der Stadt“ anbietet, gemeinsam mit den West-Berlinern „zu Essen, ins Kino zu gehen oder einfach zu reden“.

Was sich dahinter verbirgt, läßt sich an fünf Fingern abzählen, besonders wenn die dem Versicherer angeschlossene Vermittlerorganisation per Rundschreiben aufgefordert wird, sich an den Treffen zu beteiligen.

Noch besser ist ein weiterer Versicherer, der mit der Werbemethode des sogenannten Schneeballsystems Ex-Ostler selbst zum Verkauf von Versicherungen an ihre ehemaligen Mitbürger anwirbt. Sie sollen dann ihrerseits neue Vertreter gewinnen. Der Verbraucherausschuß ganz massiv: „Diese Geschäftsmethoden können die Tatbestände des Wuchers bzw. der progressiven Kundenwerbung erfüllen und müssen von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft mit der gebotenen Intensität verfolgt werden.“ Auch leitende Berliner Polizei und Justizbeamte bedauern, daß es trotz aller Schauergeschichten kaum Strafanzeigen gebe.

Hoffnung gibt es trotzdem, auch wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist. Frau Franke von der Verbraucherzentrale: „Bisher hatten wir bei Beschwerden immer Erfolg.“

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