Schlußstrich unter die Spielbankaffäre

Am Mittwoch abend debattierte der niedersächsische Landtag über die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses / Die meisten Vorwürfe im Spielbankskandal blieben letztlich ungeklärt / In der Bilanz ein doch mageres Untersuchungsergebnis  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

Es war ein müdes Ende für jene niedersächsische Spielbankaffäre, die fast sechs Monate bundesweit für Schlagzeilen gesorgt und dann vor einem Jahr den niedersächsischen CDU-Landesvorsitzenden Wilfried Hasselmann zum Rücktritt vom Posten des Innenministers gezwungen hatte. Gegen Schluß der dreistündigen Debatte über den 370 Seiten starken Abschlußbericht des Spielbank -Untersuchungsausschusses waren die Regierungsbänke im Plenarsaal des hannoverschen Leine-Schlosses längst leer, auf den Abgeordnetenbänken langweilte sich ein kläglicher Rest von vierzig Parlamentariern.

Mit Hilfe eines dubiosen Kronzeugen und einer ins Absurde aufgebauschten Geschichte habe man versucht, die niedersächsische Landesregierung zu Fall zu bringen - so hatte eingangs für das Regierungslager Innenminister Josef Stoch die gesamte Spielbankaffäre interpretiert. Bewußt sei eine „infame Kampagne“ gegen die Landesregierung inszeniert worden, die jedoch „im Ergebnis kläglich gescheitert“ sei, sagte der Innenminister. Demgegenüber hielt natürlich der Abgeordnete der Grünen, Horst Schörshusen, daran fest, daß „der Untersuchungsausschuß einen Wust von Skandalen aufgewirbelt hat, in die alle drei Altparteien verwickelt sind“. Der SPD-Abgeordnete Heiner Bartling sprach davon, daß die Spitze der niedersächsischen CDU eine Spielbankbeteiligung im Namen der CDU über deren Wahlkampfberater Laszlo Maria von Rath zumindest nicht abgelehnt habe.

Bei allen gegensätzlichen Bewertungen, die da am Mittwoch im Landtagsplenum vorgetragen wurden - der Spielbankuntersuchungsausschuß selbst hatte sich auf eine gemeinsame Darstellung des ermittelten Sachverhaltes geeinigt - enthält der Ausschußbericht doch so etwas wie eine Bilanz der gesamten Affäre. Unstreitig ist da etwa, daß sich der „Kronzeuge“ der Affäre der CDU, Laszlo Maria von Rath, im Jahre 1971 im Namen der CDU tatsächlich an einer Spielbankgesellschaft beteiligt hat, die als aussichtsreiche Anwärterin auf eine Konzession galt. Die Gesellschaft hat von Rath eine kostenlose 25-Prozent-Beteiligung nur eingeräumt, weil dieser versprach, bei der CDU für die notwendigen Stimmen für die Verabschiedung des umstrittenen Spielbankgesetzes zu sorgen.

Sowohl der CDU-Landesvorsitzende Wilfried Hasselmann als auch der damalige CDU-Generalsekretär Hartwig Fischer haben vor dem Ausschuß erklärt, durch von Rath schon vorab über diese geplante CDU-Spielbankbeteiligung informiert worden zu sein. Beide Politiker wollen dieses Ansinnen jedoch umgehend abgelehnt haben. Endgültig hat der Ausschuß nicht klären können, ob die CDU-Spitze einer Spielbankbeteiligung der Partei über von Rath zugestimmt hat. Eine Reihe von Fakten lassen jedoch weiterhin Zweifel an den Aussagen Hasselmanns und Haaßengiers.

So hat sich der damalige CDU-Generalsekretär, auch nach seiner angeblichen Ablehnung der CDU-Spielbankbeteiligung, in die Verhandlungen von Raths mit der Bewerbergruppe eingeschaltet. Es ist auch weiterhin unbestritten, daß von Rath sich zunächst bei der Gruppe durch ein wohl zwar von ihm selbst formuliertes, aber von Wilfried Hasselmann unterzeichnetes Schreiben als Vertreter der CDU eingeführt hatte.

Auch die Tatsache, daß Hasselmann und Haaßengier den freundschaftlichen Kontakt zu von Rath aufrechterhielten, als ihnen die Spielbankbeteiligung „im Namen der CDU“ auch nach eigenen Bekunden längst bekanntgeworden war, erhöht nicht die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen. Es steht aber auch fest, daß die CDU der mit von Rath liierten Spielbankgruppe auch dann keine Spiellizenz verschaffte, als sie als Regierungspartei die Möglichkeit dazu gehabt hätte. Etwas handfester als die Affäre um Laszlo Maria von Rath, sind die Feststellungen des Ausschusses zur Konzessionsvergabe für die Spielbank Bad Bentheim/Bad Zwischenahn durch den FDP -Innenminister Röttger Groß.

Der FDP-Landesvorsitzende entschied sich Anfang 1975 kurfristig gegen einen Vorschlag zur Konzessionvergabe, den ihm das zuständige Referat und auch sein Staatssekretär unterbreitet hatte. Kurze Zeit später trat dann eine neue Konzessionsbewerbergruppe auf den Plan, die unter Mitwirkung des FDP-Landeschatzmeisters Detlef Kleinert sehr schnell aus FDP-nahen Geschäftsleuten geschaffen worden war. Diese Gruppe erhielt von Groß bereits fünf Monate später eine Konzessionszusage. Der Bundestagsabgeordnete Kleinert beteiligte sich, wie auch ein anderer FDP-Politiker, nach einer Frist persönlich an dieser Gesellschaft und hat von dieser fast ausschließlich von FDP-Mitgliedern gehaltenen Spielbank bis heute ein steuerfreies Einkommen von jährlich etwa 200.000 Mark bezogen. Allerdings hat der Ausschuß auch bei dieser FDP-an-FDP-Konzessionsvergabe Verstöße gegen rechtliche Bestimmungen natürlich nicht nachweisen können.

Einzige Konsequenz der gesamten Spielbankaffäre bleibt der Rücktritt von Wilfried Hasselmann als Innenminister. Der CDU -Landesvorsitzende bezeichnet sich selbst heute „als voll rehabilitiert“ und wieder „ministrabel“. Die CDU-Fraktion hat am Mittwoch sogar einen 80 Zentimeter hohen Leuchtturm geschenkt, weil dieser Leuchtturm wie der CDU -Landesvorsitzende selbst „trotz Sturm und Brandung den Weg weist“. Doch zurückgetreten ist Hasselmann nicht aufgrund der durch von Rath erhobenen Vorwürfe, sondern weil er vor dem Spielbankuntersuchungsausschuß schlicht die Unwahrheit gesagt hatte. Er hatte bewußt oder fahrlässig die Parteispenden verschwiegen, die er von dem inzwischen verstorbenen Chef der in Konkurs gegangenen hannoverschen Spielbank, Marian Felsenstein, erhalten hatte.

170.000 Mark hat Felsenstein nach den Ermittlungen des Ausschusses in den Jahren 1973 bis 1979 an alle drei damaligen Parlamentsparteien verteilt, wobei der Löwenanteil allerdings an die CDU ging. Auch wenn der Ausschuß keinen Zusammenhang zwischen den Spenden und politischen Entscheidungen zugunsten Felsensteins hat feststellen können, so hat der Spielbankchef jedoch systematisch immer nur die Parteien mit Geld bedacht, deren Politiker zum jeweiligen Zeitpunkt der Spende über Spielbankangelegenheiten zu entscheiden hatten.