„Sozialistische Partei“ soll die SED heißen

Auch Reichsbahn will mit neuem Namen fahren / Keine Rüstungsproduktion mehr im Carl-Zeiss-Werk in Gera  ■  E R E I G N I S D D R

Der gestürzte Partei- und Regierungschef Erich Honecker muß den Möbelwagen bestellen. Sein Prominentenghetto Wandlitz wird aufgelöst und soll ab Ende Februar als Rehabilitationszentrum zur Verfügung stehen.

Während sich mehr als 70 taz-LeserInnen mit ihren Einsendungen noch im phantasievollen Wettstreit um den treffendsten neuen Namen für die SED befinden, hat sich die Akademie für Gesellschaftswissenschaften der DDR längst für die langweiligste aller Alternativen entschieden: Schlicht „Sozialistische Partei“ soll sie heißen und an „kommunistisches, sozialistisches, sozialdemokratisches, antifaschistisches und pazifistisches Erbe anknüpfen“.

Nicht nur die SED, auch die Reichsbahn soll einen neuen Namen kriegen. Alt bleiben sollen jedoch das chronische Defizit der Bahn und deren niedrige Preise. Wo alles zurücktritt, darf auch die Rüstung nicht nachstehen: Die Carl-Zeiss-Werke in Gera gaben gestern bekannt, daß sie ihre Rüstungsproduktion eingestellt haben. In dem vor zehn Jahren gebauten Werk mit rund 3.000 Beschäftigten waren Panzer für die Armeen des Warschauer Pakts und Feuerleiteinrichtungen für die Panzerabwehr gebaut worden. An kriegführende Länder seien jedoch keine Waffen geliefert worden, beteuerte gestern der Direktor des Kombinats, und ganz legal sei auch alles gewesen. Aufgerüstet wird dagegen rund um das DDR -Kraftwerkbei Greifswald. Ein von Siemens installiertes System zur radiologischen Überwachung ist dort gestern in Betrieb genommen worden. Die Überwachungsanlage schützt nun die Bevölkerung der Umgebung des AKWs vor Radioaktivität wie sie das wohl macht?

Einen Ausbruchsversuch soll es in der Haftanstalt Brandenburg am 6. Dezember gegeben haben. 70 Gefangene hätten mit Eisenstangen bewaffnet die Wände ihrer Zellen kaputtgeschlagen. Die Sicherheitskräfte hätten die Meuterei niedergeschlagen. Im bekanntesten DDR-Knast Bautzen sollen Gefangene im Hungerstreik sein.

Der Ostberliner Autor Rolf Schneider, erst vor kurzem wieder in den DDR-Schriftstellerverband aufgenommen, hat seinen Rücktritt erklärt. Der Verband habe sich zwar bei ihm für seinen Ausschluß 1979 entschuldigt, nicht aber bei seinen Angehörigen. Das sei nicht zu entschuldigen.

Immer gewinnträchtiger, aber auch gefährlicher wird das Geschäft mit DDR-Souvenirs. In Berlin klemmte sich am Mittwoch ein Mann beim Mauerpicken die Hand ein und mußte von der Polizei befreit werden. Auch die Grenzmarkierungen mit Hammer und Zirkel sind begehrt. Täglich beobachtet der BGS den Raub dieser Embleme. Noch immer vorhanden ist dagegen das Hamburger Linksblatt 'Konkret‘. Bei der gestern vermeldeten Pleite der 'Konkret‘ handelte es sich selbstverständlich um die Namensvetterin im Osten.

Ve.