Kein Frauenlob für die Gleichstellungsstelle

■ Zweite öffentliche Diskussionsrunde über das geplante „Gleichstellungsgesetz“ brachte wieder massive Kritik: „Gesetz schlicht ineffektiv“

Streicheleinheiten kriegen die Mitarbeiterinnen der Bremer Gleichstellungsstelle wahrlich nicht, wenn sie ihren neuen Gesetzentwurf vorstellen. Am Ende der Diskussionsrunden ziehen die Frauenbeauftragte Ursula Kerstein und die Juristin Brigitte Melinkat regelmäßig zerknirscht von dannen. Auch bei den beiden Veranstaltungen, auf denen sie ihren Entwurf zu einem „Gesetz zur

Aufhebung der Benachteiligung von Frauen“ einer breiteren Öffentlichkeit präsentierten, hagelte es Kritik. Männlichen Diskussionsrednern ist der Entwurf meistens zu radikal, den Frauen dagegen geht er regelmäßig nicht weit genug. Gegen verfassungsrechtliche Bedenken hat sich die Gleichstellungsstelle jedoch weitgehend abgesichert, indem sie im Rahmen des „Benda-Gut

achtens“ geblieben sind, sprich Frauen nur bei gleicher Leistung bevorzugt wissen will.

Am Donnerstag vergangener Woche hatte die Angestelltenkammer alle 140 Personalräte im Lande Bremen angeschrieben und zur zweiten öffentlichen Debatte geladen. Diesmal war niemand der verängstigten Behördenherren erschienen, die den Entwurf „nicht verfassungsge

mäß“ finden. Stattdessen nur Stimmen derer, die weitergehende Regelungen wollen und der Einschätzung des Hamburger Rechtsanwaltes Klaus Bertelsmann zuneigten: „Faktisch wird sich durch das Gesetz nichts ändern. Es ist schlicht ineffektiv.“

Die Kritik der 60 anwesenden Gewerschafterinnen konzentrierte sich auf zwei Regelungen: Erstens auf den Paragraphen 3, der

vorsieht, daß Frauen zu bevorzugen sind, wenn sie eine „gleichwertige Qualifikation“ aufweisen. Nicht nur die ÖTV -Personalratsvorsitzende Ulrike Buchner monierte, der Begriff „gleichwertige Qualifikation“ sei so breit, daß er die Entscheidungen weiterhin dem Ermessen der Dienststellenleiter überlasse: „Es kommt darauf an, echte, harte Quoten durchzusetzen.“ Die Personalrätinnen hatten etliche Beispiele parat, wo bisher schon das ach so heilige Leistungsprinzip bei Einstellungen durchbrochen wird: Etwa bei den Spätheimkehrern (ein Urteil aus der Nachkriegszeit) und bei den Schwerbehinderten. Die grüne Frauenreferentin Maria Spieker erinnerte an den Gesetzentwurf der Grünen, in dem festgeschrieben ist, daß zumindest 70 Prozent aller zu besetzenden Stellen mit Frauen zu besetzen sind.

Barbara Schleich, stellvertretende Personalratsvorsitzende bei Radio Bremen, argumentierte ähnlich. Die Frauen im Sender hätten eine harte Quotenregelung erarbeitet, die sie in den Tarifvertrag bugsieren wollten. „Wir haben gesagt: Wir gehen mit der harten Quote in die Verhandlung. Warum habt Ihr von vornherein soviel Zugeständnisse gemacht?“, fragte sie die Gleichstellungsstelle. Darauf die Autorin des Gesetzentwurfes, die Juristin Brigitte Melinkat: „Mit einer anderen Formulierung hätte es das Gesetz gar nicht gegeben.“

Der zweite Schwerpunkt der De

batte war das Einsetzen von Frauenbeauftragten. Der Gesetzentwurf sieht vor, daß „in jeder Dienststelle eine Frauenbeauftragte auf Vorschlag der Mehrheit der weiblichen Bediensteten zu bestellen ist.“ Mehrere Rednerinnen monierten, daß diese Formulierung nicht eindeutig einen demokratischen Wahlvorgang beschreibe. Die Personalrätin Barbara Schleich (Radio Bremen): „Ich habe den Verdacht, daß der Dienststellenleiter sich eine ihm genehme, bequeme Frau sucht.“ Die ÖTV-Vorsitzende Gisela Hülsbergen: „Ich tendiere dahin, die Frauenbeauftragte dem Personalrat zuzuordnen und mit einem Vetorecht auszustatten.“

Von den 40 Frauenbeauftragten in den Bremer Personalräten sind derzeit zehn dabei, eine schriftliche Stellungnahme zu erarbeiten. Gisela Hülsbergen zur taz: „Grundsätzlich befürworte ich einen solchen Gesetzentwurf. Aber es kann durchaus sein, daß wir Änderungsanträge formulieren oder sogar das Gesetz ganz ablehnen, weil es uns möglicherweise in der Praxis keine größere Hilfestellung als die bisher geltende Richtlinie bietet.“ Die grüne Frauenbeauftragte Maria Spieker formuliert ihre Kritik noch schärfer: „Das Gesetz ist ein Kuschen vor dem Senat und vor der SPD. Ich schätze die Frauenbeauftragte Ursula Kerstein sehr, aber es wird deutlich, daß es vielleicht besser wäre, wenn die Frauenbeauftragte parteilos wäre.“

Barbara Debus