„Eisbaden“: Kombinate on the rocks

■ Unbekannte Massensportart der DDR / Tausend Eiszapfen in 40 Vereinen / Winterschwimmen Anfang Januar: Westler gesucht

Eisbaden, eine Kreuzung aus spartanischem Abhärtungsritual, Kneippkur und realsozialistischem Freizeitsport hat in der DDR Tradition. Rund 1.000 betreiben in 40 Vereinen das Plantschen on the rocks, 50 allein in in der Ostberliner Betriebssportgemeinschaft „Bergmann Borsig“, die alljährlich das größte Winterschwimmen der Republik (nach Borsig-Angaben sogar das größte Deutschlands, Europas, wenn nicht der Welt) ausrichtet.

Immer im Januar trifft man sich Volksfest-like im Strandbad Orankesee im Hauptstadtbezirk Weißensee. Rund dreihundert Eisbader sind es jedesmal, und der Zuschauer- und Medienauftrieb ist gigantisch, 10.000 Schaulustige, Fernsehen, Radio, Presse. Am ersten Tag normal baden, am zweiten Faschingsschwimmen: wässern mit Mütze, Schal, Handschuhen, Rippunterhose und Wollsocken (s. Bild). Es geht um Gaudi und Gesundheit (und Turnvater Jahn-mäßige Eitelkeit) nicht um Leistung, das ist im Training genauso wie an den beiden Winterschwimmtagen. Schließlich sind die Kaltwasserfans zwischen drei und 85 Jahre alt, und Rekordsucht kann in diesem Medium leicht zu Unterkühlung führen.

Auch Eiszapfen aus den Bruderländern CSSR, Polen und UdSSR nehmen teil, nach dem Mauerfall rechnen die Winterschwimmer vom Borsig Kombinat nun auch mit Winterfesten aus dem Westen. Wer sich zum 7. Winterschwimmen am Wochenende 6./7. Januar im Strandbad Orankesee anmelden will, sollte sich schriftlich an folgende Adresse wenden: Vorsitzender der Winterschwimmsektion BSG-Bergmann-Borsig, Jörg Petermann, Köthener Str. 14, Berlin 1143. Die Startgebühr ist vorort zu zahlen (fünf Mark Ost oder West), eine ärztliches Attest sollte möglichst auch dabei sein.

Wie kommt LeserIn hin? Mit der S-Bahn bis Station Thälmann -Park. Dann die Straßenbahn in Richtung Weißensee. Schaffner fragen, wo man zum Orankesee aussteigen muß.

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