Zeitgeist?-betr.: "Ohne Frauen ist kein Staat zu machen", taz vom 9.12.89

betr.: „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen“,

taz vom 9.12.89

In der DDR scheinen die Frauen schnell aus den Erfahrungen der sowjetischen Frauen zu lernen. Sie wissen, daß es wichtig ist, jetzt mindestens ein Bein in der Tür zu haben und auch dort zu sitzen, wo man neue gesamtgesellschaftliche Entwürfe diskutiert. Wenn sie auch nur als Beobachterinnen an jenem Tische sitzen, so fordern sie ganz unbescheiden die gesamtgesellschaftliche Quotierung.

An dieser Stelle scheint es der taz nicht möglich zu sein, daß „Manifest für eine autonome Frauenbewegung“ in seinem vollen Umfang zu dokumentieren. Da findet Ihr es wichtiger, ein Interview mit Herrn Lochte mit Bildern und üppigen Zwischenzeilen grafisch aufzublasen. Nicht einmal auf Text hätte verzichtet werden müssen. Lediglich dieser zeitgeistigen Haltung, daß graphische Aufbereitung vor inhaltlicher Relevanz rangiert, hättet Ihr den Hahn abdrehen müssen. Oder beginnt das Problem noch viel früher? Daß die Frauen eine Seite kriegen und es nicht plötzlich zwei geben kann?

Astrid Lindberg, Hamburg