Der Magier vom Olympiastadion

Bayern München - Karlsruher SC 4:1 / Jupp Heynckes verzaubert seine Mannschaft  ■  Aus München W.Steigemann

Die kulinarische Kombination von Lebkuchen und fränkischen Bratwürsten (geliefert von der managereigenen Wurstfabrik) spricht nicht unbedingt für die geschmackliche Feinfühligkeit des Bayern. Weil dieser aber dem grobsinnlichen Genuß nicht abgeneigt ist, einem geschenkten Gaul sowieso nicht ins Maul schaut und darüberhinaus meint, die verteilten Freßtüten seien ja ohnehin nur ein Geschenk für die „Hungerleider aus der DDR“, wie er sich in seiner Neigung zur sprachlichen Roheit auszudrücken pflegt, fand er das Rahmenprogramm für das letzte Bundesligaspiel des Fußballclubs FC Bayern in diesem Jahrzehnt mit genügend Bier in Magen und Hirn seinen derben Vergnügungsansprüchen durchaus entsprechend.

Der Wettkampf gegen den Karlsruher SC spiegelte während der 90 Minuten die laufende Saison wieder: der gute Start, das notwendige Glück, langwierige Tristesse, die Durchschnittlichkeit der Gegner, aber auch das spielerische Vermögen der Mannschaft, das Verletzungspech und die fußballerische Intelligenz des Trainers. Heynckes war es auch, der diesem Spiel die entscheidenden Impulse gab. Nachdem er sich fast eine halbe Stunde lang das nervöse Gestopsel eines Mihaijlovic angesehen hatte, wechselte er für diesen Manfred Schwabl ein. Der übernahm endlich die defensive Rolle im Mittelfeld und verhinderte damit die Konter des KSC. Darüberhinaus behauptete Heynckes, daß er die komplette Mannschaft in der Pause ausgewechselt habe, obwohl dieselben Spieler auch die zweite Hälfte bestritten. Der Presse erklärte er, wie solch magischer Schachzug zu bewerkstelligen sei. Lautstark wie noch nie in seiner Trainerlaufbahn habe er den Seinigen erklärt, wieso mit den vorher dargebrachten Leistungen nie und nimmer ein Spiel zu gewinnen wäre.

Dies zeitigte anscheinend Wirkung, denn der FC Bayern kam nach dem Wechsel seinem selbstgestellten Anspruch, eine Spitzenmannschaft zu sein, ein wenig näher. Strunz schuf nun Dorfner mehr Raum zum Stolpern, was wiederum durch schön anzusehendes Doppelpaßspiel über die beiden Flügel die notwendigen Tore zum Sieg erbrachte. Der nach eigenen Aussagen immer noch schwächelnde Wohlfarth durfte sich als dreifacher Torschütze feiern lassen, da er die Hilfestellungen des McInally ungewohnt sicher nutzte. Und weil auch Kögl zeigte, warum Fußball nicht nur der Tore und des Sieges wegen schön sein kann, erfreute sich der heimische Zuschauer an dem Spiel der Bayern.

Vorher mußten die Münchner allerdings die Hilfe eines ihrer wohlfeilen Bundesgenossen annehmen, des Glücks. Denn die Karlsruher hätten beim Halbzeitpfiff mit 3:0 führen können. Immer wieder zeigten Herrmann und Sternkopf die beschränkten Fähigkeiten der Bayern-Hintermannschaft auf. Allein Torhüter Aumann war es zu verdanken, daß das Spiel nicht vorzeitig entschieden war. Doch trotz vier bester Möglichkeiten gelang dem KSC nur ein winziges Törchen.

So siegten die Bayern mal wieder unangefochten, und Trainer Heynckes darf für sich in Anspruch nehmen, das Verletzungspech während der laufenden Saison - diesmal traf es ohne Fremdeinwirkung Strunz - durch junge Spieler überbrückt zu haben. Nun war er heilfroh, die verlängerte Vorrunde endlich abzuschließen und mit leuchtenden Augen von einem kompletten Bayern-Reservoir zu träumen, weil dann nichts und niemand dem Erfolg seiner Mannschaft im Wege stehen könne. Er weilt ja auch schon im dritten Jahr in Münchnen und hat die dortige Mentalität endlich erlernt, wohlwissend, daß nach der nächsten Niederlage seiner Elf die berühmte Bayern-Krise wieder vor der Tür steht, aber auch der nächste Sieg seine Mannschaft in „europäische Spitzenregionen“ abheben läßt.

MÜNCHEN: Aumann - Reuter - Grahammer, Kohler, Pflügler Dorfner, Strunz (81. Flick), Kögl, Mihajlovic (34. Schwabl)

-Wohlfarth, McInally

KARLSRUHE: Famulla - Bogdan - Kreuzer, Süss - Bany, Metz, Harforth, Hermann - Schmidt, Schütterle (60. Trapp), Sternkopf (67. Kastner)