Drei Erfolge

■ Zum Wahlsieg der chilenischen Opposition

Die Ironie der Geschichte ist mitunter bitter: Mit Patricio Aylwin haben die Chilenen einen Mann zum Präsidenten gewählt, der 1973 als Parteichef der Christdemokraten die Militärs ziemlich unverblümt aufforderte, der Demokratie ein Ende zu setzen. Und diejenigen, die unter der Diktatur am meisten geblutet haben, die Kommunisten und Sozialisten, stehen heute, wo die Demokratie zurückkehrt, im politischen Abseits. Dies wenigstens können die Militärs, deren Kandidat bei den Wahlen durchgefallen ist, als Erfolg verbuchen. Ihren Putsch gegen die Linksregierung von Salvador Allende haben sie ja als Rettung des Vaterlandes vor der kommunistischen Gefahr verkauft. Die Mittelschichten, die die Machtübernahme der Generäle 1973 begrüßten, haben nach dem wirtschaftlichen Kollaps 1982/83 Pinochet zwar den Rücken gekehrt, doch zurück zu den bürgerkriegsähnlichen Zeiten der Volksfront wollten sie nie. Darin liegt Aylwins Erfolg begründet. Doch kann dies nicht über die grundsätzliche Misere der Linken hinwegtäuschen, über ihren Mangel an gangbaren wirtschaftspolitischen Alternativen.

Die Militärs können zwar auf wirtschaftliche Erfolgsziffern verweisen, doch die rabiat durchgesetzte Exportorientierung hat Zehntausenden von Betrieben, die auf den Binnenmarkt ausgerichtet waren, den Todesstoß versetzt. Die natürlichen Ressourcen wurden großteils an ausländische Konsortien verschachert. Eine wirtschaftspolitische Perspektive, die die Not der unter der Diktatur weiter verarmten Unterschichten lindern könnte, ist vorerst verbaut. Dies ist ein zweiter Erfolg der Generäle.

Im übrigen werden die Militärs auch in der neuen Demokratie mitreden. Pinochet selbst kann als Armeechef bis 1997 nicht abgelöst werden und sitzt als solcher im Nationalen Sicherheitsrat, der Regierung und Parlament überwacht und einen Teil der Verfassungsrichter ernennt. All dies garantiert eine Verfassung, die die Militärs dem Land verpaßt haben und die Aylwin nur mit einer Dreifünftelmehrheit in beiden Parlamentskammern ändern kann. Doch da das Wahlgesetz die regimetreue Minderheit begünstigte und 9 von 48 Senatoren gar nicht gewählt, sondern ernannt werden, hat die Opposition im Senat keine Mehrheit. Jeder Versuch, die Machtstellung der Militärs zurückzudrängen, kann also leicht blockiert werden. Ein dritter Erfolg der Diktatur, die die Wahlen verloren hat.

Thomas Schmid