KP-Reformer der CSSR suchen Kurs

Havel für Präsidentenwahl noch vor dem Jahreswechsel / Vier weitere Hardliner wurden aus dem ZK ausgeschlossen / KP-Reformer üben Kritik an Delegiertenwahl für Parteitag am Mittwoch  ■  Aus Prag Katerina Wolf

Sah es noch vor ein paar Tagen so aus, als rivalisierten Alexander Dubcek und Vaclav Havel um das Amt des Staatspräsidenten, so haben die beiden populärsten Persönlichkeiten in der CSSR jetzt offenbar einen Burgfrieden geschlossen. Nach einem Gespräch unter vier Augen erklärte Vaclav Havel im Fernsehen, er stehe nur dann für das höchste Staatsamt zur Verfügung, wenn auch Dubcek eine politische Funktion erhalte.

Er werde nicht dulden, erklärte der Schriftsteller, daß „zwischen mich und Dubcek ein Keil getrieben wird“. Regierung und Opposition hatten sich darauf geeinigt, daß der neue Präsident Tscheche sein müsse und nicht aus der Slowakei, wo Dubcek herstammt. Das Bürgerforum fordert eine Wahl noch vor Jahresende, die Abstimmung im Parlament solle mit offenen Handzeichen stattfinden.

Unterdessen hat das ZK der KPTsch vier prominente Konservative aus den eigenen Reihen ausgeschlossen: den ehemaligen Chefideologen Vasil Bilak, den ehemaligen ZK -Sekretär Karel Hoffmann, den ehemaligen ZK-Sekretär für internationale Beziehungen Jozef Lenart und den ehemaligen Vorsitzenden der Gewerkschaften, Miroslaw Zavadil.

Vehement beklagten sich Vertreter des „Demokratischen Forums der Kommunisten“ (DFK), einer Reformströmung innerhalb der Partei, die mittlerweile über 60.000 Mitglieder organisiert haben will, über das Auswahlverfahren für die Delegierten des außerordentlichen Parteikongresses. Entgegen den Reformvorschlägen seien die Delegierten nicht direkt von den Grundorganisationen, sondern nach wie vor von den Kreis- und Bezirksorganisationen, wo die alte Apparatmentalität noch vorherrscht, gewählt worden. Deshalb forderte der Sprecher dieser Organisation, Stefan Prevratil, Rede- und Vorschlagsrecht für die zu wählenden Mitglieder eines neuen ZKs. Die Reformströmung, in der sich viele aus der Partei nach 1968 ausgeschlossene ehemalige Mitglieder und Reformer aus der Parteibasis sammeln, will an die sozialistischen und kommunistischen Traditionen der zwanziger Jahre anknüpfen. Das DFK, das sich in seiner Theorie an den Frühwerken von Marx, an Gramsci und Lukacs orientiert, möchte die Strukturen der Partei verändern. Die Reformkommunisten stellen sich gegen den „demokratischen Zentralismus“ und fordern ein Minderheitenrecht. Der Apparat der Partei solle den von den Mitgliedern gewählten Organen untergeordnet werden. Wenn sich die Demokratisierung nicht durchsetzen sollte, könnte auch eine neue kommunistische Partei gegründet werden, erklärte der Sprecher des DFK.