Saxophon bis obenhin

■ Klaus Kreuzeder spielte mit dem Gitarristen Henry Sincigno im Packhaus

„Sax As Sax Can“ war der Titel, unter dem Klaus Kreuzeder und sein Partner sein Konzert stellten, und das paßte genau: fast zwei Stunden lang spielte Kreuzeder wie ein Hochleistungssportler, unterbrochen nur von den Ansagen und einer Pause, und dabei vergaß man beinahe, daß er in einem Rollstuhl auf der Bühne saß, so kraftvoll und raffiniert war sein Spiel auf dem Sopran-, dem Sopranino- und dem Altsaxophon. Man war auch kurz davor zu vergessen, daß da zwei Musiker waren, der Gitarrist Henry Sincigno hielt sich so demütig im Hintergrund, daß es schon verdächtig war. Er lieferte das solide, doch absolut unauffällige harmonische Gerüst zu Kreuzeders Virtuositäten; er machte alles richtig und nichts, was man nach einer halben Minute nicht schon wieder vergessen hatte. Kreuzeder spielte immer das Solo in diesem Duo.

Doch dabei bewies er eindrucksvoll, daß er zu den brillian

testen Saxophonisten Europas gehört. Mit einer ausgefeilten Zirkulationsatmung hat er sich von den technischen Zwickmühlen des Saxophonspielens freigeprobt: spielerisch unangestrengt kann er mehrere Chorusse spielen, ohne einmal abzusetzen, oder minutenlang einen Ton halten, an- und abschwellen lassen, durch Obertöne verändern. Diese Effekte liebt er, wie auch das elektronische Echo oder die ganz hohen, singenden Töne des Sopraninosaxophons. Kreuzeder tritt dabei symphathisch und unprätentiös auf. In seinem Bestreben, ein „crowd pleaser“ zu sein, macht er es dem Publikum etwas zu leicht. So anspruchsvoll seine Improvisationen auch sind, so schlicht und gefällig sind die Songs. Alle seine Songs haben diesen 3-4 Minuten - easy listening Charakter. Die Eigenkompositionen sind nicht mehr als eingängige Vehikel für seine Virtuositäten und die Auswahl der Standards „Take Five“, „Orpheo

Negro“ oder „The Girl from Ipanema“ pochte eher auf den Wiedererkennungsbonus, als daß sie von feinem Geschmack zeugte.

Kreuzeder war mit Stevie Wonder und Sting auf der Bühne, und natürlich spielte er Songs von beiden, aber daß wirkte wie „namedropping in Noten“. Sympathischer war, daß er seinem Stammpublikum im Hamburger Knast gleich zwei Kompositionen widmete: „Full Moon in Fuhlsbüttel“ und „Swinging Santa Fu“.

Kreuzeder schaffte die beachtliche Aufgabe, das Konzert so gut wie alleine zu bestreiten, souverän, und sein Stil war so frisch und abwechslungsreich, daß es nie eintönig klang. Trotzdem wäre es auch spannend, ihn einmal nicht auf dem Egotrip, sondern mit gleichrangigen Musikern in einer Band zu erleben. Nur „Sax as Sax can“ ist bei aller süddeutschen Frohnatur ein etwas enges und trauriges Konzept.

Willy Taub