tazler vor dem Kadi

■ Bespitzelung durch den Verfassungsschutz hat jetzt für 14 taz-MitarbeiterInnen ein Nachspiel / Sie stehen seit gestern wegen Hausfriedensbruchs im Rathaus Schöneberg vor Gericht

Berlin (taz) - „Nicht wir gehören auf die Anklagebank, sondern Kewenig, Wagner und seine Stasi-Clique vom Verfassungsschutz“, brachte taz-Redakteur Manfred Kriener gestern vor dem Berliner Amtsgericht seine Empörung über den Prozeß auf den Punkt. Kriener und 13 taz-Kolleginnen und -Kollegen stehen wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs vor Gericht, weil sie am 28. November vergangenen Jahres im Rathaus Schöneberg gegen die jahrelange Ausforschung der taz durch das Landesamt für Verfassungsschutz protestiert haben sollen. Die tazler hätten sich im Rathaus auf den Fußboden gesetzt, dort eine Redaktionskonferenz abgehalten und Sprechchöre skandiert, bis sie von der Polizei hinausgetragen wurden. Die Aktion war für die tazler „Notwehr“, weil der damalige CDU-Innensenator Kewenig und der Leiter des Verfassungsschutzes, Wagner, die Bespitzelung der taz im Innenausschuß zu verschleiern suchten und noch nicht einmal Auskunft darüber gaben, ob die taz am 28. November immer noch überwacht wurde. Vor Gericht wollten sich die Angeklagten gestern nicht zu dem Vorwurf äußern.

Um die Notwehrssituation deutlich zu machen, beantragten sie die 15 Aktenordner des VS über die taz beizuziehen und bis dahin das Verfahren auszusetzen. Der Antrag wurde von Amtsrichter Weissbrod abgelehnt. Die Akten seien für die Aufklärung des Tatvorwurfs „ohne Bedeutung“. Eine Notwehr, so Weissbrod, „kann sich nur gegen Angreifer richten“, der Innenausschuß sei aber kein Angreifer, weil er „die Bespitzelung nicht veranlaßt“ habe. Daraufhin stellten die Angeklagten einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht, über den bis zum nächsten Prozeßtag am Mittwoch entschieden werden muß.

plu