Scheckwährung Ecu

Banken akzeptieren ab 1.7.1990 Geldkorb ohne Münze und Note  ■  Aus Brüssel Michael Bullard

Während sich die Politiker noch über den Fahrplan für die Europäische Währungsunion streiten, schaffen die Banken Fakten: Ab 1.Juli 1990 sollen westeuropaweit Schecks akzeptiert werden, die in der „Europäischen Währungseinheit“ (Ecu) ausgestellt sind. Christine Kotanakos von der Brüsseler Organisation „Eurocheques International“ teilte mit, daß sich die Banken aus 20 Ländern darauf geeinigt haben, die europäische Kunstwährung auch privaten Kunden zugänglich zu machen.

Kotanakos: „Es liegt natürlich im Ermessen der einzelnen Banken, Ecus zu akzeptieren.“ Wegen des „Werbeeffekts“ erwartet sie allerdings, daß die meisten Banken bei der Aktion mitmachen werden. Bislang diente der Ecu Bankern und Eurokraten lediglich als Rechnungseinheit. Doch im Zuge der EG-Integration soll als „Eckpfeiler des Europäischen Währungssystems“ auch eine einheitliche Währung geschaffen werden.

„Der Ecu von heute ist die Währung von morgen.“ So sieht es zumindest Didier Cahen, Organisator der Ecu-Kampagne und Präsident der „Eurobürger“. Einen Vorgeschmack darauf bekamen Besucher des kleinsten Mitgliedslands der EG letzten Monat. Statt die eigene Währung in Wechselstuben oder Banken in Luxemburgische Franc eintauschen zu müssen, konnten sie mit Ecus bezahlen - allerdings nur, wenn sie Schecks, Euroschecks oder die Kreditkarten einiger großer Firmen benutzten. Papiergeld gibt es noch nicht, und Münzen sind nur als Sammlerexemplare erhältlich.

Stolz berichtete Cahen, daß 65 Prozent aller luxemburgischen Restaurants, Läden und Hotels ihre Waren und Dienstleistungen sowohl in Ecus als auch in Luxemburgischen Franc ausgepreist hatten. 10 Prozent ihres Umsatzes sei in Ecu abgewickelt worden. Interessant für die Kunden sei das Geschäft mit dem Ecu nicht nur, weil der lästige Umtausch entfällt. Noch interessanter werde es, wenn die Banken dem belgischen Vorbild folgen und keine Gebühren für Transaktionen in Ecu erheben.

Der Wert des Ecu - zur Zeit etwa 2,06 DM - wurde zuletzt im September festgelegt. Die „Korbwährung“ setzt sich aus Bestandteilen der Währungen der EG-Mitgliedsländer zusammen, wobei die D-Mark ein knappes Drittel des Korbes füllt. Revisionen des Korbes sollen alle fünf Jahre stattfinden. Sie sind erforderlich, weil sich durch die Wechselkursänderungen die Gewichte, auf deren Basis der Ecu -Wert ermittelt wird, verschieben. Hauptfaktor ist der Beitrag des Landes zum Bruttosozialprodukt der EG. Allerdings gibt es für die Festlegung keine festen Formeln, so daß die Gewichte der Währungen letztendlich politisch ausgehandelt werden. Als Rechnungseinheit wird der Ecu schon seit 1979 benutzt - doch in den letzten Jahren intensivierten Rat und Kommission die Verwendung des Ecu als Zahlungsmittel für die eigenen Transaktionen. In Kürze sollen auch die Nutznießer des EG-Regional- und des Sozialfonds in Ecu bezahlt werden.

Zufrieden reibt sich Eurobürger Cahen die Hände: Wegen seiner relativen Stabilität ist der Ecu bei Langzeitinvestoren beliebt und rangiert in der Währungs -Hitliste nach dem Dollar, der DM, dem Schweizer Franken und dem Yen immerhin auf Platz fünf.