Verlogen

■ Die US-Intervention in Panama

Verlogener hätte die Begründung für die US-Intervention in Panama nicht ausfallen können. Die vier erklärten Ziele des Weißen Hauses: Schutz des Lebens von Amerikanern, Wiederherstellung des demokratischen Prozesses, Wahrung der Unversehrtheit der Panamakanalverträge und Ergreifung Noriegas. In dieser Reihenfolge. Zu eins: Seit zwei Jahren haben die USA alles daran gesetzt, ein Klima militärischer Hochspannung zu schaffen, in dem es immer wieder zu Scharmützeln kam und in dem schließlich am Samstag ein US -Soldat erschossen wurde. Wieviele Amerikaner - US-Bürger und Panamaer - beim Überfall auf Panama-Stadt ihr Leben für den „Schutz des Lebens“ hingegeben haben und noch hingeben werden, ist nicht abzusehen. Zu zwei: In ihrem Hinterkopf waren Diktatur und Demokratie für die Herren im Weißen Haus immer nur taktische Größen - siehe Nicaragua. Zu drei: Seit Jahren macht die US-Regierung keinen Hehl daraus, daß sie die Panamakanalverträge nicht wahren, sondern revidieren will, um die US-Soldaten nicht abziehen zu müssen. Zu vier: Tatsächlich möchte Bush seinen Amtskollegen Noriega ergreifen, um ihn wegen Drogenhandels und Geldwäsche vor Gericht zu stellen. Bloß: Von den schmutzigen Geschäften wußte der heutige US-Präsident schon 1985, als Noriega noch „unser Mann am Kanal“ war und auf der Gehaltsliste der CIA stand.

Vor einem Jahr noch hätten sich die USA einen militärischen Angriff auf Panama nicht leisten können, ohne eine kontinentweite Isolierung und eine entscheidende Schwächung ihrer Position im Poker um eine Lösung des zentralamerikanischen Konflikts in Kauf zu nehmen. Die Regierungen ihrer engsten Verbündeten, El Salvador und Honduras, hätten ihre blinde Gefolgschaft gegenüber dem Großen Bruder nur bei Strafe einer wachsenden inneren Opposition aufrechterhalten können. Doch nach dem offenen Wahlbetrug Noriegas vom vergangenen Mai ist es den USA gelungen, Panama, das sich als einziges Land des Isthmus immer klar hinter das sandinistische Nicaragua gestellt hat, weitgehend zu isolieren. Zumindest dürfen sie nun hoffen, trotz der Intervention einem diplomatisch gespaltenen Subkontinent gegenüberzustehen.

Unabhängig vom Ausgang des nun militärisch ausgetragenen politischen Konflikts um und in Panama steht fest: Panama wird vorerst nicht zur Ruhe kommen. Wenn sich Noriega durchsetzt, steht die nächste Welle der Repression an. Ein Regime aber, das seine Geburt einer US-Invasion verdankt, dürfte es allemal schwierig haben. An nationalistischen Militärs und politischen Kräften, die in die Fußstapfen des populären General Torrijos treten werden und die unteren Gesellschaftsklassen - Mischlinge und Schwarze wie Noriega gegen die weiße Mittel- und Oberschicht mobilisieren werden, fehlt es in Panama nicht.

Thomas Schmid