Kinkerlitzchen aus der Schwarzgeldklinik

■ Das RB-Fernsehspiel „Ein Prachtexemplar“ lief am Mittwoch zur besten Sendezeit

Ich glaube, so fröhlich, stolz und verheißungsvoll hat die nette Bremer Fernsehansagerin noch nie in die Kamera gelächelt. Endlich durfte sie einmal ein Fernsehspiel aus Bremen ansagen. Und gleich zu Anfang ragte stolz das Krankenhaus an der St. Jürgenstraße ins Bild, die halbe Belegschaft von „Buten und Binnen“ war in kleinen Rollen zu bewundern, und sogar mein Freund Gerdi war zweimal ganz kurz als Statist zu sehen.

Aber als ich nach dem kurzen Anfall von Lokalpatriotismus wieder klar sehen und denken konnte, war es auch schon aus mit dem Vergnügen. Denn der erste Spielfilm des Kabarettisten Bruno

Jonas entpuppte sich als ein sehr langwierig und überraschend unkomisch erzähltes Geschichtchen um die Eitelkeiten, Arschkriechereien und Skandälchen eines Stationsarztes Bartels, seines Chefs Professor Kogel und der anderen Ärzte der Station.

Die Geschichte um eine teure Vase war zu dünn und zahm, um für mehr als eine Episode einer Vorabendserie zu taugen. Daß diese kleinere Form Jonas eher liegen würde, merkte man an einigen kurzen Szenen, in denen es plötzlich doch frech und witzig zuging, nur um gleich danach um so zäher weiterzufließen. Hans-Peter Korff als Patient, der alles besser weiß als der Doktor, war

so ein Lichtblick - nach einer Stunde war die einzige Spannung des Filmes die, wann denn endlich die nächste Arztvisite in seinem Krankenzimmer anstand. Eine Pokerparty, in der der Arzt dem Patienten den letzten Pyjama auszog, war auch gut für ein Lächeln, und später war man schon dankbar, wenn der eklige Dieter Krebs als Pharmavertreter versuchte, sein Antideppressivum „Antidepp“ an den Arzt zu bringen.

Bruno Jonas war nie wirklich bissig oder frech, und mußte sich mit dramaturgischen Krücken über die Runden retten. In den letzten Jahren kam z.B. im deutschen Fernsehspiel die enga

gierte, attraktive Journalistin in Mode, mit der dann auch wieder Liebesszenen als Schmiermittel möglich wurden, ohne daß die Feministinnen gleich böse Briefe schrieben. Ein Prachtexemplar dieser Gattung moralisiert auch durch diese Produktion - und spätestens wenn sie und der junge Doktor zusammen eine Party verlassen, um sich vor der Tür zu küssen, schmeichelnde Musik erklingt und abgeblendet wird nur damit in der nächsten Szene der Wecker klingelt und beide morgens im Bett aufwachen, spätestens dann beginnen die tausendmal so ähnlich gesehenen Szenen und Einstellungen wehzutun. Natürlich verläßt die junge Dame in der letzten Einstellung angeekelt das Krankenhaus, aber gegen die Geschäfte des Herrn Galla sind die Intrigen dieser Ärzteschaft Kinkerlitzchen. Wer die Schwarzgeldklinik als Drehort wählt, muß gegen deren absurde Realität anstinken, und Jonas war dafür nicht böse, witzig und phantasievoll genug. Nicht einmal die verfluchte Vase hat er runterfallen lassen.

Wilfried Hippen