Schüleraustausch mit Südafrika

■ Schulkonflikt in Bad Zwischenahn / In Niedersachsen sind 130 Jugendliche aus Südafrika zu Besuch

Rechte Freude will bei allen Beteiligten nicht aufkommen. Den sechs SchülerInnen aus dem fernen Afrika, die für vier Wochen in Bad Zwischenahn zu Gast sind, ist das Aufheben um ihre Person längst zuviel geworden. Das LehrerInnen -Kollegium des Gymnasiums Bad Zwischenahn geriet in die Schlagzeilen, weil dort in einzelnen Klassen intensivst debattiert wurde, ob die Gäste denn am Unterricht teilnehmen dürfen. Der zuständige Dezernent bei der Bezirksregierung Weser-Ems in Osnabrück, Claus Landvermann, reiste gestern eigens zur Dienstversammlung nach Zwischenahn, um dort die Position der Schulbehörde zu verdeutlichen, die die ganze Angelegenheit zur Privatsache erklärt. Im Kultusministerium in Hannover war man dagegen bemüht, politische Scha

densbegrenzung zu betreiben: „Hätten wir das vorher gewußt, hätten wir es untersagt“, kommentierte der Pressesprecher des KuMi, Fichtner.

Grund der allseitigen Aufregung ist das Herkunftsland der Jugendlichen: sie stammen allesamt aus Südafrika. Dem Apartheids-Regime aber ist vor drei Jahren von der Bundesregierung das Kulturabkommen aufgekündigt worden. Mit der Folge, daß offizieller Schüleraustausch seitdem untersagt ist. Die sechs SchülerInnen, die in Bad Zwischenahn dank einer engagierten GEW-Betriebsgruppe zum Politikum geworden sind, bilden nur einen kleinen Teil einer insgesamt 250köpfigen SchülerInnengruppe aus Südafrika. In Niedersachsen sind es nach Auskunft der GEW etwa 130 Jugendliche, die in Begleitung ihrer LehrerInnen bis zum 15. Januar auf Deutschland-Besuch weilen.

„Ich halte das für einen privaten Austausch“, sagte Claus Lanvermann auch dann noch, als er von der konzertierten Masseneinreise erfuhr und ihm mitgeteilt wurde, daß einzelne Gruppen von den Schulleitungen (wie in Zwischenahn) offiziell als Gäste begrüßt wurden.

Veranstalter dieser „Touristikreise“, die in Südafrika als Beleg für offiziöse Schulkontakte gewertet wird, ist die „Südafrikanisch-Deutsche Kulturvereinigung (SADK)“ mit Sitz in Pretoria. Wahrgenommen werden deren Interessen in der Bundesrepublik von zwei Institutionen: der südafrikanischen Botschaft in Bonn, die mit viel Geld und Papiereinsatz bemüht ist, das schlechte Image des Rassisten-Regimes aufzupolieren, und der „Deutschen Südafrika-Gesellschaft (DSAG)“, die mit ihren honorigen Mitgliedern aus Politik und Wirtschaft immer wieder Wege findet, Boykottmaßnahmen oder gekündigte Kulturab

kommen zu umgehen. Beide, Botschaft wie DSAG, haben bei dem Aufenthalt der südafrikanischen SchülerInnen ihre Hände im Spiel - das ergeben offizielle Schriftwechsel und das Programm für den vierwöchigen Aufenthalt. Daß sich im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung Weser-Emsdie unerwünschten BesucherInnen häufen und ihnen dort an Schulen offizieller Status verliehen wird, halten GEW-Kreise nicht für einen Zufall. Den Grund vermuten sie in engen personellen Kontakten zwischen Behörde und

der Deutsch-Südafrikani schen-Gesellschaft.

Das Kultusministerium in Hannover ließ gestern mitteilen, daß es die ganze Angelegenheit zwar für ein „reines Privatunternehmen“ halte und den Beteiligten rate, es als „pädagogische Herausforderung zu betrachten“, dennoch werde man von der Bezirksregierung Weser-Ems einen Bericht anfordern und in Bonn darauf hinwirken, daß über die Bundesregierung solche Aktivitäten „künftig unterbunden werden“.

Andreas Hoetzel