Ost-West-Weihnacht nur für Deutsche

■ Berliner Ausländer kriegen die nötige „Lichtbildbescheinigung“ nicht, weil die Ausländerbehörde völlig überlastet ist / DDR erkennt aber Fremdenpaß und Aufenthaltsgenehmigung nicht an / Zwangsumtausch gilt weiterhin / Heute tagt erstmals Ost-West-Regionalausschuß

Von Politikern werden sie schlichtweg vergessen - die 190.000 Berliner Ausländer mit Fremdenpaß oder Aufenthaltsgenehmigung. Obwohl ab 24. Dezember Bundesbürger und Westberliner für einen Besuch im Ostteil der Stadt nur einen Personalausweis brauchen, müssen ausländische Mitbürger weiterhin Tages-Visa beantragen und den „Mindestumtausch“ zahlen. Grund: Die Ausländerbehörde, die den „Berlinern ohne Personalausweis“ eine „Lichtbild -Bescheinigung“ ausstellen soll, ist völlig überlastet. Diese Bescheinigung ist aber notwendig, weil DDR-Behörden Aufenthaltsgenehmigung und Fremdenpaß bei Westberlinern nicht anerkennen, da sie „bundesdeutsche“ Dokumente sind.

Für die „Lichtbild-Bescheinigungen“ ist nur eine einzige Dienststelle der Ausländerbehörde zuständig. Gestern sind nach Informationen der taz von 300 Antragstellern die Hälfte wieder nach Hause geschickt worden. „Stellen Sie sich morgen früh um fünf wieder an“, haben Mitarbeiter empfohlen, berichtet eine Skandinavierin, die seit 19 Jahren in Berlin lebt. Ausländerbeauftragte Barbara John (CDU) bemängelt diesen Zustand ebenfalls: „Wenn das in diesem Tempo so weitergeht, dann kommt der letzte in sieben Jahren dran.“

Die Senatsverwaltung für Inneres will erst nach den Feiertagen eine weitere Dienststelle mit zehn Mitarbeitern im Wedding einrichten. 2.000 Dokumente könnten hier täglich ausgestellt und abgestempelt werden. Daß die Ausländer die Bescheinigung mit Foto schon bei den Meldestellen erhalten, bei denen sie vorher sowieso ihre Anmeldebestätigung abholen müssen, sei nicht möglich, weil diese auch völlig überlastet seien, meint Lutz Voß vom Ausländer-Referat des Innensenats.

Warum die DDR zumindest über die Feiertage für Berliner Ausländer keine Ausnahme macht und ausnahmsweise Aufenthaltserlaubnis und Fremdenpaß anerkennt, will das Presseamt des „Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten“ in Ost-Berlin nicht mal vermuten: „Wir sind nicht zuständig.“

Eine letzte Möglichkeit gibt es allerdings noch, das Problem kurzfristig zu lösen. Heute vormittag tagt erstmals ein „Regionalausschuß“ aus Ost- und West-Berlin im Schöneberger Rathaus. Fünf Vertreter aus jeweils beiden deutschen Städten und Staaten wollen die Probleme lösen, die sich aus der Grenzöffnung ergeben haben und werden. Themen wie Müll, Kommunikationswesen, Verkehr und Fernwärme werden die Tagesordnungen der kommenden Sitzungen bestimmen. Vielleicht läßt sich die heutige Tagesordnung noch verändern, nun den restlichen zehn Prozent der Westberliner Bevölkerung den Einlaß zu ermöglichen?

Dirk Wildt