Eine Nacht des Schreckens in Panama

■ US-Invasion trifft die Armen am härtesten / Ärzte sprechen von Hunderten von Toten / Läden geplündert

Panama (ap/afp/taz) - Für die Bevölkerung war es eine Nacht des Schreckens, als die US-Invasoren anrückten, um dem derzeitigen Lieblingsfeind der Administration, General Manuel Antonio Noriega, den Garaus zu machen. Besonders hart betroffen waren diejenigen, die im Umkreis des Hauptquartiers des ungeliebten Machthabers lebten. Die Holzbaracken der Slums gingen unter dem Beschuß in Flammen auf. Unter den Trümmern umliegender Wohnhäuser, die bei dem Bombenangriff auf das Hauptquartier zerstört wurden, werden noch zahlreiche Tote und Verletzte vermutet.

Bislang liegen keine verläßlichen Zahlen über die Opfer unter der Bevölkerung vor. Die Ärzte des Santo-Tomas -Krankenhauses, der größten Klinik des Landes, sprachen von „Hunderten von Toten“. Eine Sprecherin der Klinik warf den US-Streitkräften vor, sie versperten Rettungstrupps den Zugang zum zerstörten Hauptquartier und verhinderten so die Bergung von Verletzten.

In den dicht bewohnten Vierteln San Miguel in der Umgebung der Kaserne des 800 Mann starken Elitebattalions „Tiger von Tinajita“ und Chorillo sowie Alt-Panama, wo besonders heftig gekämpft wurde, boten sich weitere Bilder des Schreckens. Die Armen, die von den Gefechten am stärksten in Mitleidenschaft gezogen werden, flohen auf der Suche nach Schutz in Kirchen, Krankenhäuser und Schulen. Einige verfluchten die USA, andere Noriega. Gegenüber der Kaserne von Alt-Panama die frische Parole an einer Wand: „Souveränität ohne Noriega“ - ein Spruch, der vielleicht schon bald die Stimmung im Lande wiedergeben wird, vor allem, wenn aus der Invasion eine längere Besatzung werden sollte. Denn Oppositionspolitiker Endara, der bei den letzten Wahlen die Mehrheit der Bevölkerung für sich gewinnen konnte und nun zum Präsidenten gekürt wurde, hat diesen Posten den US-Kanonen zu verdanken.

Die meisten Bewohner der Stadt zogen es am Donnerstag vor, zu Hause zu bleiben. Zu der Angst vor weiteren Kämpfen kam eine zunehmende Unsicherheit auf den Straßen. In der Nacht wurden zahlreiche Geschäfte geplündert. Gruppen von vier oder fünf Jugendlichen aus den Unterschichten schleppten Kühlschränke und Elektroherde durch die Kampfzonen. Trupps von Bewaffneten und Noriega-Anhängern nutzten das Chaos und „beschlagnahmten“ Privatfahrzeuge. An Dutzenden von Kontrollpunkten der US-Armee mußten Autofahrer, die passieren wollten, aussteigen, hinknien und sich nach Waffen durchsuchen lassen.