Herrenreiter-betr.: "LeserInnenbrief der Notrufgruppe Berlin "Mann oh Mann!", taz vom 19./20.12.89

betr.: „Leserinnenbrief der Notrufgruppe Berlin „Mann oh Mann!“, taz vom 19./20.12.89

(...) In Bochum hat sich ebenso ein Anwaltsbüro (mit „linkem“ Touch) dafür ausgesprochen, Vergewaltiger und Frauenschläger zu verteidigen. Wie in Berlin, so werden nun in zwei aktuellen Prozessen in Bochum, in denen es um ausgeübte Gewalt gegen Frauen geht, alle Register gezogen, um das Gericht von der Unglaubwürdigkeit der Frauen zu überzeugen. Der Unterschied zum dem Berliner Prozeß ist nur der, daß in Bochum die Frauen zusätzlich von den männlichen Gewalttätern mit Prozessen überzogen wurden, damit sie nicht mehr behaupten dürfen, sie seien von ihnen geschlagen, getreten und gewürgt worden. (...)

Es ist mittlerweile in den Medien, auch den „linken“, verstärkt Usus geworden, gesellschaftlich unliebsamen und nicht integrierbaren Widerstand als „faschistisch“ zu bezeichnen. Diese Zuschreibung gilt vor allem sich auflehnenden Opfern und Frauen. Wir erinnern: „FaschistInnen“ waren diejenigen, die „selbstherrlich“ die Sado-Maso-Ausstellung in Hamburg „kippten“ (taz vom 21.8. und 15.9.89), Antifaschismus kann „dem Faschismus, an Ausrottungsmentalität in nichts nachsteh(en)“ (Leserbrief vom 28.7.89 in der taz mit einem treffenden Kommentar der Säzzerin); die Opfer vom Ramstein, die ihre Entschädigung endlich einklagten, wurden von der Jungen Union als „Faschisten und Chaoten“ denunziert (taz vom 26.8.89); Frauenaktionen in Hamburg, bei denen es sich um Aufklärungs und Öffentlichkeitsarbeit und einen Boykottaufruf handelte, wo ein türkischer „linker“ Mann eine Frau vergewaltigt hatte, wurden als „rassistisch“ tituliert (taz Hamburg vom 26.7. und 29.7.89, siehe auch Leserinnenbrief „Herr-schaft international, taz Hamburg vom 12.8.89).

Die nur kleine Auswahl des Textmaterials verdeutlicht die Wichtigkeit der Diskussion, gerade unter „den“ Linken, deren Beiträge dazu bislang nur selbst eine Art von xenophobem Denken (d.i. fremdenfeindlichem) produzierten. Der Faschismusvorwurf an Frauen und deren Widerstandsformen zielt auf Ausgrenzung. Der Faschismusvorwurf an Frauen von „linken“ Ideologieprduzenten geht konform mit dem der Jungen Union (siehe oben), was diskursiv nachweisbar ist. An den Prozeßführungen in Berlin wie Bochum ist aber auch nachweisbar, wie die Sprache der Ausgrenzung und Kriminalisierung reale Formen annimmt. Eine Art „Wiedervereinigung“ leisten sich Männer über Grenzen und politische Parteilichkeit hinweg auf ganz andere Art: In den Gerichtsprozessen um/gegen Frauen, zeigt sich die Internationalität der „Herrenreiter“.

Autonomes Frauen- und Lesbenreferat Ruhr-Uni Bochum