Streit um Rumänienhilfe

■ Ist Hilfe noch nötig, erreicht sie die richtigen Adressaten?

Berlin (taz) - Unterschiedliche Einschätzungen und Empfehlungen gaben an der Hilfe für Rumänien beteiligte Organisationen gestern über die derzeitige Versorgungslage im Lande und die Notwendigkeit weiterer Lieferungen aus dem Ausland. Während das Internationale Rote Kreuz (IKRK) in Genf und das Kölner Komitee Cap Anamur für die vorläufige Einstellung ausländischer Hilfsmaßnahmen plädierten, sprach die österreichische Hochschülerschaft von einer weiterhin katastrophalen Situation in vielen Regionen sowie großen Problemen bei der Verteilung von Hilfsgütern innerhalb Rumäniens.

Die stellvertretende Cap-Anamur-Vorsitzende Barbara Krumme sagte kurz nach ihrer Rückkehr aus Tirgu Mures und Hermannstadt der taz, die akute Notsituation sei behoben. Die Lieferung und Entsendung von weiterem Material und Personal würden die sich neu strukturierenden Kräfte in Rumänien überfordern. Die Lager seien bereits mit Medikamenten und Lebensmitteln überfüllt. Auch IKRK-Sprecher Jürg Bischof erklärte, es herrsche kein Mangel mehr an Medikamenten und ärztlichem Personal.

Die österreichische Hochschülerschaft verwies hingegen darauf, daß viele Hilfssendungen in den zentralen Depots vor allem in Grenznähe liegen blieben. Ihr Sprecher Andreas Toth erklärte der taz, die Depotverwalter erhielten von ihren ehemals mit Securitate-Leuten besetzten und jetzt verwaisten Zentralbehörden in Bukarest keine Anweisungen mehr und verweigerten zum Teil die Auslieferung der Materialien. In manchen Fällen würden Hilfsgüter unterschlagen oder gerieten Sendungen in die Hände von ehemaligen Securitate-Leuten. Nach offiziell bislang nicht bestätigten Informationen ist auch eine Lieferung der Bundesregierung bei diesem unerwünschten Empfänger gelandet, weshalb die Hilfe zunächst eingestellt wurde. Die Hochschülerschaft, die zahlreiche Transporte in verschiedene Teile des Landes organisiert hat, sprach sich gegen die Einstellung der Hilfsmaßnahmen aus. Allerdings sollten Hilfsorganisationen sich schon bei der Vorbereitung eines Transportes „der Hilfe orts- und sprachkundiger Rumänen versichern“, um zu gewährleisten, daß die Lieferungen „tatsächlich da landen, wo sie am dringendsten benötigt werden“.

Andreas Zumach