SCHROTT MIT ZIERLEISTE

■ Wird „Odious“ am Humboldthafen verbugat?

Die Bundesgartenschau 1995 - ja schon wieder! - wirft ihre dunklen Schatten voraus. Zum Zankapfel ist ein rund sechstausend Quadratmeter kleines Gelände inclusive eines alten Schuppens am Humboldthafen geworden, auf dem die Geschäftsleitung der Buga, die sich neuerdings auch Britzer Garten GmbH Berlin nennt, residieren möchte. Damit alles recht proper aussieht, soll die vergammelte Halle renoviert werden und gleich daneben ein ebenso großer Bau entstehen, der sich in der Form an den alten anbiedert. In das neue Haus wird dann die Buga einziehen, mit Blick aufs Wasser, umgeben von bunten Blumenrabatten, lustigen Zierpflanzen und einer Bootsanlegestelle für den Buga -Fährbetrieb.

Blöderweise arbeitet in dem ehemaligen Industriebau aus Backstein die Bildhauergruppe „Odious“, sechs Künstler, die hauptsächlich laut auf Eisen und Stahl rumhämmern. Sie entdeckten 1987 die Halle, als diese zu verfallen drohte. Mit dem Bezirksamt Tiergarten, dem die Halle gehört, schlossen die Bildhauer eine mündliche Verabredung und zogen ein: bauten Fenster ein, legten elektrische Leitungen und mauerten Zwischenwände; alles mit eigenen Mitteln. Der Schuppen wie das Gelände ist für sie jetzt nicht nur Arbeitsplatz und Ausstellungsort, sondern auch eine Metapher ehemaliger Industriekultur, die es zu bewahren gilt und deren Schrott sie zu wunderbaren Formen verwandeln.

Wenn aber der neue Hausherr die Buga GmbH ist, befürchten die Künstler saftige Mieten und saubere Konditionen für das Gelände, auf dem jetzt noch das rostige Arbeitsmaterial lagert. Auch sind ihnen die Umarmungsversuche von Buga-Chef Herr Gottfriedsen nicht geheuer, der versichert, daß an eine Vertreibung gar nicht gedacht sei. Aber was heißt schon „Odious paßt ins Konzept der Buga“. Das kann auch den Raußschmiß meinen.

Doch fragt man weiter rum, beim Tiergärtner Volksbildungsstadtrat Schmidt zum Beispiel, dessen Bezirk viel Geld mit der Buga machen wird, dann hört man immer nur, daß erstens die Gruppe in jedem Fall auf dem Gelände bleiben soll und ihre Freilichtgalerie eine tolle Sache ist, man also helfen will, daß zweitens aber die Kompetenz doch bei der Buga liege - leider.

Schließlich, klopft man bei der Buga -Aufsichtsratsvorsitzenden, der Senatorin Schreyer, an, dann vermeldet ihr Sprecher Rogalla ganz jovial, daß man sich doch zusammenraufen solle, Odious und Herr Gottfriedsen, und meint, die Gruppe müsse doch eigentlich froh sein, daß die Buga, die eben Platz zum Verwalten braucht, sie unter ihre Fittiche nimmt. Denn „richtig los“, so Rogalla, geht's für die Bildhauer erst nach der Buga-Zeit. Das Gelände gehöre ja zum sogenannten zentralen Bereich, und wenn die Entwicklung in Berlin so rasant weitergehe, dann hat das Plätzchen sowieso keinen Platz mehr.

rola