Lieber Helmut! - Offener Brief an meinen Enkel Helmut Kohl

Offener Brief an meinen Enkel Helmut Kohl

Keiner hat so überzeugend für die Zweistaatlichkeit unseres Vaterlandes demonstriert wie Du und Deine von den bayerischen Bergen angefönten Helmut!-Helmut!- und Deutschland!-Deutschland-Fans in Dresden und anderswo. Dafür schuldet Dir, so meine ich, die ganze Welt Dank und grenzenlose Anerkennung. Allen sind die Augen aufgegangen, als sie Euch in Dresden überliefen.

Apropos Francois Mitterrand! Ich fand es sehr bewegend und auch mein Freund Charles, mit dem ich im subterranen Kontakt stehe, war ganz gerührt (und das will bei ihm was heißen!) -, wie ihr beide, Du aus der Stadt August des Starken kommend und Francois von Berlin auf der Quadriga heranbrausend, in Leipzig vor dem Völkerschlachtdenkmal die Händchen zum weltweit beachteten franko-alemannischen Verhöhnungsfest gehalten habt. Also das war ein ganz starkes Friedensstück, bei dem sich so manches Glied in der Völkerfamilie friedlich, aber doch august-stark gereckt hat. Wir müssen es Francois auch hoch anrechnen, daß er nach seinem Leipziger Besuch die Quadriga wieder an Ort und Stelle zu ihrem angestammten Parkplatz zurückgebracht hat. Stell Dir vor, Helmut, er wäre auf ihr und mit dieser fiesen preußischen Siegesdame im Arm nach Paris durchgebrannt, wie es schon einmal einer seiner Vorgänger gemacht hat! (Der wollte auch schon einmal Europa von der Themse bis zum Nil, vom Atlantik bis zum Ural vereinigen, ist dann aber in ziemlich hohen Schneeverwehungen steckengeblieben.)

Und stell Dir bloß vor, Helmut, Du und Hans, Ihr beide hättet dann am Heiligabend ohne die Quadriga das Brandenburger Tor als die neueste gesamtdeutsche Fußgängerzone eröffnen müssen! Nicht auszudenken! Aber wie ich den Momper inzwischen kenne, der hätte euch, praktisch wie der Junge nun mal ist, auf der Stelle mit Gänseliesel, Bollerwagen und vier gebratenen oder auch ungebratenen Weihnachtsgänsen aus der Patsche geholfen.

Lieber Helmut! Hier möchte ich schließen. Für 1990 - Du weißt, was ich meine - wünsche ich Dir den allerbesten Jahrgang. Laß Dir nicht von dieser saarländischen Fontäne in den Wein pinkeln! Pinkle zurück. Sei da bloß nicht pingelig! Du weißt ja, wie ich unter vergleichbaren Umständen immer gehandelt habe. Und überhaupt: Vor Saarländern brauchen wir gar keine Bange zu haben. Die stecken wir alle nach Zwiebelskirchen in die Schalmeienkapelle.

Also, Helmut, mach es gut. Und Weihnachten 1990 feiern wir dann erst so ganz richtig. Wir lassen uns, was Weihnachtsfeiern betrifft, von niemandem in der Welt übertreffen. Tschüs!

Dein Großvater Konrad A., Rhöndorf-Waldfriedhof