Daniel Düsentrieb swingt sich nach oben

Daniel „Düsentrieb“ Weiss wurde leicht umstritten Deutscher Eiskunstlaufmeister / Lichtblicke beim Eistanzen  ■  Aus Oberstdorf Thomas Schreyer

„Die Technik ist nicht falsch, sie ist in Ordnung“, sagt Daniel Weiss. Daß sie falsch sei, die Technik des 21jährigen, in Stuttgart trainierenden Ingolstädters, soll Frank Zanders Trainerin Doherty behauptet haben, was zu einem großen Krach führte. Weiss interpretierte dies als „Provokation“, und der Streit wurde zum Thema Nummer eins in der Eiskunstlauf-Szene. „Wir waren uns noch nie sehr nahe“, erklärte Daniel Weiss sein „frostiges“ Verhältnis zu seinem Hauptkonkurrenten Richard Zander. Zudem änderte dieser kurz vor der Meisterschaft noch sein Kürprogramm und wählte Swing -Musik - wie Daniel Weiss. Das erinnerte an den Zweikampf von Debi Thomas und Katarina Witt, die beide das Stück Carmen gezeigt hatten. Wer ist die bessere Carmen - wer ist der bessere „Swinger“?

Vor diesen Karren wollte sich Weiss allerdings nicht spannen lassen. Noch vor der Pflicht (die übrigens in Oberstdorf zum letzten Mal auf dem Programm stand) setzten sich die beiden zusammen, um „in einem Vier-Augen-Gespräch den Sachverhalt zu klären“. Seitdem bestünde ein „gesundes Konkurrenzverhältnis“. Mehr noch: Schon lange nicht mehr hatten sich die beiden vor jedem Wettbewerbsabschnitt alles Gute gewünscht und die Bewertung des anderen vorbehaltlos akzeptiert.

Mit dem Originalprogramm (einer Art Pflichtkür) belegte Daniel Weiss schon den ersten Rang. Der Vorsprung gegenüber Zander, wie ihn viele gesehen hatten, drückte sich in den Noten allerdings nicht aus. Ob Zander nicht zu gut davon gekommen wäre? „Die Kampfrichter haben entschieden“, war die kurze Antwort von Daniel Weiss. Die Kür-Bewertung war nicht weniger knapp. Doch die Rechnung des Ingolstädters ging auf: Er setzte auf die sogenannte „B-Note“, die den künstlerischen Wert wiedergibt, und diese zählt seit diesem Jahr höher als die „A-Note“, die den technischen Wert einer Kür honoriert und mit der alleine er an Zander nicht vorbeikäme. „Ich trainiere fünf bis sechs Stunden am Tag“, versicherte Daniel Weiss, der wegen seines Temperaments auch „Daniel Düsentrieb“ genannt wird, „und meine Sprünge stehe ich schon viel sicherer.“

Schlecht anzusehen waren die beiden sicher nicht. Nur wurden die Abstände dahinter immer größer. Niemand, auch nicht bei den Junioren, zeigte, daß er in absehbarer Zeit den Platz von Daniel Weiss oder auch Richard Zander streitig machen könnte. Das mag bei den Juniorinnen ein bißchen anders sein: Tanja Szewczenko und Claudia Unger bieten schon heute recht „reife“ Übungen. Doch brauchen sie mit ihren zwölf Jährchen noch eine ganze Weile, bis sie nach oben aufrücken können. Und oben heißt praktisch nur: Patricia Neske und Marina Kielmann, die Nachfolgerinnen von Clauda Leistner, der WM-Zweiten des vergangenen Jahres.

Weil auch international bei den Damen das Leistungsniveau nicht an das der Zeiten von Katarina Witt erinnern kann, ist den beiden - Patricia Neske plazierte sich knapp vor Marina Kielmann - eine Medaille bei den diesjährigen Europameisterschaften Ende Januar in Leningrad schon relativ sicher, vorausgesetzt, die Nerven spielen mit.

In der Paarlaufdisziplin, der wohl zur Zeit schwächsten der Deutschen Eislaufunion, zog es den Zuschauerinnen und Zuschauern keineswegs die Schuhe aus. Das taten die Läufer schon selbst: Nach einer Drehung öffnete Florian Dornbusch den Schuhbändel seiner Partnerin Cornelia Vaitl. Als es ihm mißlang, diesen „heimlich“ wieder zu schnüren, mußten die beiden abbrechen, durften die Kür aber wieder aufnehmen.

Eine Klasse für sich waren in diesem Jahr die Eistanz -Wettbewerbe. Das Paar Zietemann/Ladd-Oshiro hätte genausogut wie Stähler/Authorsen erste werden können. Die EistänzerInnen zeigten Phantasie und Kreativität, sie hatten tatsächlich etwas mitzuteilen. Daß die bislang Ersten, Weppelmann/Schamberger, völlig überraschend nur auf dem dritten Rang landeten, zeigt, daß sich hier „etwas tut“. Beim „Cats„-Vortrag von Zietemann/Ladd-Oshiro dachten sogar manche an das in Oberstdorf trainierende französische Geschwisterpaar Duchesnay, das nach Torvill/Dean die „zweite Revolution“ im Eistanzen startete und im vergangenen Jahr Vizeweltmeister wurden.