„Demokratie in Bayern - schön wär's!“

■ Der Bayerische Rundfunk kippt die Satiresendung des Kabarettisten Bruno Jonas

München (taz) - Wie wenig Satire im weiß-blauen CSU -freundlichen Sender darf, zeigte wieder einmal der frischgebackene Hauptabteilungsleiter der Unterhaltung im Hörfunk, Claus Erich Boetzkes.

Das Hätschelkind von Hörfunkdirektor Udo Reiter kippte eine geplante Glosse des Münchner Kabarettisten Bruno Jonas. Auf der Tralala-Welle Bayern drei sollte nach dem Willen der zuständigen Redakteurin Gabrielle Englert nämlich gar zweimal pro Woche am frühen Nachmittag fetzig-freches Kabarett geboten werden. Doch darauf werden die Hörer der Radiothek nun umsonst warten. Boetzkes wollte ihnen den Text des politischen Kabarettisten Jonas nicht zumuten. Denn, so Boetzkes, wer „Radiothek“ hört, will Unterhaltendes und um Gotteswillen keine politischen Texte. Schließlich wird diese Sendung nur „mit halbem Ohr gehört“. Außerdem habe man sich von Bruno Jonas mehr „Life-Style„-Glossen, passend ins saubere Glanzbild der bayerischen Metropole, erwartet.

Und wie fast jedes Kind in Bayern weiß, das muß Herr Boetzkes auch garxnicht extra betonen: Politische Satire ist im BR vor allen Dingen dann besonders gefährlich, wenn dabei die Bayerische CSU-Staatsregierung aufs Korn genommen wird. Und weil die CSU gerade dabei ist, die große Ost-Offensive zu starten, und versucht die DDR zu unterwandern, paßte der Jonas-Text schon gleich gar nicht ins Programm. Hatte er es doch gewagt, die bayerische Staatsregierung mit dem früheren DDR-Regime gleichzusetzen und im Freistaat Perestroika zu fordern. Laut denkt Jonas darüber nach, ob sich im Falle einer Revolution in Bayern auch die christsozialen Politiker so schnell umstellen könnten. „Der Stoiber schon, der ist flexibel, aber ob's auch die Berghofer-Weichner kann...“, zweifelt er am „Wendehals“ der bayerischen Justizministerin. Seine Prognose für die Entwicklung in der DDR würde sich, wenn der Beitrag gesendet worden wäre, dann so anhören: „Das dauert nicht mehr lang, dann haben die da drüben eine 100prozentige Volldemokratie. Nazis haben's schon, die 'Bild'-Zeitung bestimmt auch schon, die Ausländer mögen's auch, umweltschutzmäßig san's fast soweit wie wir... Arbeitslose haben's no net. Da könnten wir jetzt eine Soforthilfe starten.“

Der CSU-Landesgruppe, die es bei ihrer alljährliche Klausurtagung in Wildbad Kreuth nicht mehr im von ihr so schön erfundenen Bayernland hält und die diesmal im Exklusiv -Flug von München nach Leipzig düst, wollte der Kabarettist noch folgendes ins ihren Flieger packen: „Die Kreuther Spalttage werden zur Hälfte nach Leipzig verlegt. Ich find‘ das gut. Ich mein‘, vielleicht lernen's was dazua, die CSUler, gell. Vielleicht kommt dann in Bayern auch bald die Perestroika. Schön wär's schon, wenn in Bayern auch die Demokratie käme!“

Tja, aber auf diese radikale Entwicklung werden nicht nur die Hörer der „Radiothek“ noch ein bißchen warten müssen. Vielleicht sollten die Verantwortlichen im BR aber auch einfach wieder mal mehr Tucholsky lesen und einfach mal reinschauen in seinen Text „Was darf Satire“. Anläßlich seines 100sten Geburtstags sicher keine schlechte Idee.

lui